Neue Eskalation im Gazastreifen zeichnet sich ab

von Redaktion

Kabinett debattiert Ausweitung der Offensive – Kaum noch Essen für die betroffenen Menschen

Die Lager sind leer: Die Menschen stehen in Gaza Schlange für eine Mahlzeit. © AFP

Tel Aviv – Israel steht offenbar vor einer Ausweitung des Militäreinsatzes im Gazastreifen. Gestern Abend sollte das Sicherheitskabinett der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu darüber beraten, wie die Nachrichtenagentur AFP aus Regierungskreisen erfuhr. Zehntausende Reservisten wurden einberufen. Sie sollen laut Medienberichten in Israel und im Westjordanland stationierte Soldaten ersetzen, damit diese in den Gazastreifen geschickt werden können. Verwandte von AFP-Journalisten bestätigten, einen Mobilisierungsbefehl erhalten zu haben.

Israel hatte Mitte März nach einer knapp zweimonatigen Waffenruhe seine massiven Luftangriffe im Gazastreifen wieder aufgenommen und eine neue Bodenoffensive gestartet. Armeechef Ejal Samir hatte vergangene Woche mit einer Ausweitung der Offensive gedroht, sollten die Geiseln nicht bald freikommen. Netanjahu attackierte das Golfemirat Katar. Er warf der katarischen Führung am Samstag auf X vor, mit ihrer „Doppelzüngigkeit beide Seiten auszuspielen“. Katar müsse sich „entscheiden, ob es auf der Seite der Zivilisation oder auf der Seite der Hamas-Barbarei“ stehe. Das katarische Außenministerium sprach von „provokanten“ Äußerungen Netanjahus abseits jeder politischen und moralischen Verantwortung. Katar hatte mit den USA und Ägypten die Waffenruhe vermittelt.

Am Sonntagmorgen schlug nahe dem Ben-Gurion-Flughafen in Tel Aviv ein Geschoss ein. Die von der iranischen Regierung finanzierte Huthi-Miliz erklärte, eine ballistische Hyperschall-Rakete auf den wichtigsten israelischen Flughafen abgeschossen zu haben. Der Angriff sei eine „Geste der Solidarität“ mit den Palästinensern im Gazastreifen. Verteidigungsminister Israel Katz kündigte massive Vergeltung an. „Wer uns trifft, wird siebenmal stärker getroffen“, erklärte er am Sonntag. Die Lufthansa und andere Airlines haben bis Dienstag ihre Flüge nach Tel Aviv ausgesetzt.

Im Gazastreifen gibt es unterdessen kaum noch Lebensmittel. Israel hungere die Zivilbevölkerung aus und nutze Hunger als Kriegswaffe, kritisieren Hilfsorganisationen. Angesichts der Notlage wollen die USA und Israel ihre humanitäre Hilfe an der Hamas vorbei in das abgeriegelte Küstengebiet schaffen. Ein Abkommen mit einer neuen internationalen Stiftung zur Verteilung von Hilfsgütern soll einem Bericht des Nachrichtenportals „Axios“ zufolge vor dem Abschluss stehen. Eine private US-Firma soll demnach die Verteilung innerhalb des zerstörten Küstengebiets organisieren und die Sicherheit gewährleisten.

Seit rund zwei Monaten lässt das israelische Militär keine Hilfslieferungen mehr in den Gazastreifen. Die Armee wirft der Hamas vor, die Hilfsgüter zu überhöhten Preisen zu verkaufen und damit Kämpfer und Waffen zu bezahlen.
SE/JES

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