Schöne Bilder zum Neustart: Merz und Emmanuel Macron inszenieren ihre gute Beziehung. © Michael Kappeler/epa (2)
„Mir liegen diese beiden Länder sehr am Herzen“, sagt Merz im Flieger. Rechts: Regierungssprecher Stefan Kornelius.
„Persönliche Freundschaft“: Friedrich Merz zu Gast bei Donald Tusk in Warschau. © HANSCHKE/AFP
München – Emmanuel Macron weiß genau, wie diese Bilder später seziert werden. Friedrich Merz hat sich am Mittwochmittag vor dem Élysée-Palast kaum aus seiner Limousine geschält, da fällt ihm der französische Präsident bereits um den Hals. Ein fast schon kumpelhafter Handschlag, Umarmung links, Umarmung rechts. Bienvenue à Paris! Macron scheint es gar nicht abwarten zu können, dass jemand anderes als Olaf Scholz nun für Deutschland spricht. Zweimal haben sich die beiden seit Merz‘ Wahlsieg am 23. Februar bereits zu intensiven Gesprächen getroffen – einmal in Paris und einmal in Berlin. Jetzt aber ist es offiziell. Merz kommt als Kanzler.
Der frankophile Sauerländer, der seine politische Karriere im EU-Parlament im französischen Straßburg begann, ist da noch keine 24 Stunden im Amt. Den holprigen Start der neuen Bundesregierung haben sie in Paris natürlich aufmerksam verfolgt. „Eine Bombe ist explodiert“, schrieb „Le Figaro“. Merz habe eine „Backpfeife von seinem eigenen Lager“ erhalten. Doch der Kanzler hat Explosion und Backpfeife zumindest äußerlich unbeschadet überstanden. Leicht gebräunt steht er neben Macron, den er um einen halben Kopf überragt. Die ganze Visite liefert Bilder, die das gute Verhältnis der beiden dokumentieren sollen. Von „Neustart“ ist immer wieder die Rede.
Merz liegt viel daran, dass der zweite Eindruck seiner Amtszeit besser ist als der erste. Er will ein außenpolitischer Kanzler werden, ein Anführer Europas, das sich des militärischen Drucks von Wladimir Putin, der wirtschaftlichen Aggression von Xi Jinping und der Irrungen eines Donald Trump erwehren muss. Merz will deshalb ein enges Verhältnis mit Paris und Warschau, dem Weimarer Dreieck. „Mir liegen diese beiden Länder sehr am Herzen“, sagt er schon im Flugzeug. Aber auch Großbritannien ist ihm wichtig. Begleitet wird er vom neuen Außenminister Johann Wadephul (CDU).
Schon auf seiner ersten Reise wird klar, dass Merz kein Kanzler sein will, der sich große Formulierungen für die Geschichtsbücher ausdenkt. Aber immerhin: Dies sei ein „deutsch-französischer Neustart für Europa“. Und Macron? „Es ist ein wichtiger Moment für unser Land“, sagt der Präsident. Es gehe nun um mehr als Kooperation oder Zusammenarbeit. „Es soll ein deutsch-französischer Reflex werden.“
Insgesamt bleiben beide recht technisch. „Unsere Ambitionen für Europa sind nur möglich, wenn Deutschland und Frankreich ihre jeweiligen wirtschaftlichen und sozialen Reformen koordinieren“, sagt Macron. Bei Investitionen, Verteidigung, Energie und Raumfahrt werde man „Hand in Hand arbeiten“. Merz ergänzt: „Wir nehmen auch Aufträge mit – für die beiden Regierungen und die Fachminister.“ Denn Meinungsverschiedenheiten sind nicht zu übersehen: Merz sagt klar, dass das Mercosur-Abkommen der EU mit Südamerika endlich kommen müsse, das Macron blockiert. Auch die europäische Schuldenpolitik bleibt eine Baustelle.
Doch beide versprechen, die Verteidigungsfähigkeit Europas zum gemeinsamen Projekt zu machen. Das war zu erwarten. „Wir werden in allen Mitgliedstaaten die Verteidigungsausgaben steigern müssen“, macht Merz gleich am ersten Tag eine Vorgabe für alle anderen. Die Ukraine habe weiter die volle Unterstützung, stellen beide klar. Bemerkenswert ist der Ton, den er gegenüber den USA anschlägt. Keine Distanzierung, keine Ermahnung. Stattdessen: „Auch Präsident Trump hat unsere volle Unterstützung, wenn es darum geht, ein Ende des Kriegs herbeizuführen und das Töten in der Ukraine zu beenden.“ Und: „Sobald ein Waffenstillstand vereinbart ist, sind wir bereit, uns an dessen Überwachung zu beteiligen unter der Führung und Beteiligung der USA.“
Dann geht es wieder zum Flughafen. Warschau lautet das zweite Ziel der Auftaktreise. Und natürlich ist auch beim Treffen mit dem polnischen Regierungschef Donald Tusk die Ukraine das große Thema. Ärger gibt es aber um die Grenzkontrollen: „Ich möchte nicht die Atmosphäre kaputt machen“, sagt Tusk, eigentlich ein Freund von Merz. Aber niemand könne Migrantengruppen nach Polen schicken. „Das wird Polen nicht akzeptieren.“ Auch der reibungslose Grenzverkehr müsse erhalten bleiben. Doch Merz verspricht, dass alle Verschärfungen nur in enger Absprache mit Polen erfolgen werde.
(MIT DPA/AFP)