0,5 Prozentpunkte trennen uns noch vom Sozialismus. Dass unsere Staatsquote mit 49,5 Prozent bald die von Altkanzler Kohl definierte Schwelle überschreitet, ist ein öffentlich bisher kaum beachtetes grelles Warnleuchten. Es ist die Konsequenz aus dem fehlenden Glauben in die Kraft der Marktwirtschaft – aber auch eine Chance, die Prinzipien von Ludwig Erhard wieder zu den Grundsätzen unseres Handelns zu erheben. Für ihn war klar, dass „Wohlstand für alle“ und „Wohlstand durch Wettbewerb“ untrennbar zusammengehören, denn „das erste Postulat kennzeichnet das Ziel, das zweite den Weg, der zu diesem Ziel führt.“
Wettbewerb als Grundeigenschaft eines Marktes ist per se basisdemokratisch. Er gibt dem Verbraucher die größte Macht und im Idealfall erhöht er auch die Qualität der Angebote und lässt zugleich die Preise fallen. Wettbewerb bedeutet Konkurrenz, also Leistungsdruck und Eigenverantwortung.
Auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage, warum diese Tugenden aus der Mode geraten sind, wird man auch beim Staat fündig. Denn Krisenzeiten verlangen staatliche Eingriffe – sie verführen aber auch zu überflüssigen Interventionen. Zuerst die Lehman Brothers, dann Corona, jetzt Putin. Staatliche Lenkung ist nicht mehr Ausnahme, sondern Automatismus. Obwohl jede Störung des Marktgleichgewichts fatale Folgen haben kann. Wenn sie auf Dauer angelegt ist, zerstört sie Leistungsdruck und Eigenverantwortung.
„Wer also nicht Leistungswettbewerb und freien Marktpreis will, hat jedes Argument gegen die Planwirtschaft aus der Hand gegeben.“, sagte Erhard. Die aktuelle Wirtschaftskrise ist der perfekte Zeitpunkt, sich wirtschafts- und finanzpolitisch erneut von der Idee der sozialen Marktwirtschaft leiten zu lassen. Also an die Wurzel zu gehen. Drei Beispiele:
In der Künstlichen Intelligenz wollen wir den Markt regulieren, bevor es Produkte gibt. Beim CO2-Preis existiert ein Konzept, das der Marktlogik folgt, aber nur zaghaft umgesetzt wird. Wir haben zwischen Datenschutz und Denkmalschutz so viele Schutzgüter definiert, dass sie in ihrer Summe immer schwerer wiegen, als das Schutzgut unternehmerischer Freiheit.