KOMMENTARE

Der Antipode zu Donald Trump

von Redaktion

Papst Leo und das andere Amerika

Große Hoffnungen ruhen auf dem neuen Papst Leo XIV. – innerkirchlich, weltpolitisch, gesellschaftlich. Mit dem ersten US-Amerikaner auf dem Stuhl Petri haben die 133 Kardinäle für eine Riesenüberraschung in der Welt gesorgt. Robert Francis Prevost vereint Eigenschaften in sich, die aus vielfältigen Gründen für das Papstamt von Nutzen sein können.

Leo XIV. ist ein Mönch. Als Missionar und Diözesanbischof in Peru kennt er die Probleme der Armen und einfachen Menschen. Er ist vertraut mit Leitungsämtern und Verwaltung. Aus der Zeit als Chef des Augustinerordens ist er vernetzt in aller Welt. Zuletzt war er als Kardinal in der wichtigen Vatikan-Behörde zuständig für die Bischofsernennungen – und kennt sich damit in der Kurie aus. Er ist Amerikaner – und hat die peruanische Staatsbürgerschaft. Ein Kirchenmann also, der sich an der Basis ebenso behauptet hat wie im Zentrum der Weltkirche.

Über allem steht aber seine Persönlichkeit, seine Gabe, in Ruhe zuzuhören, den Dialog zu suchen und zu vermitteln. Hier kann er innerkirchlich den Bruch zwischen Konservativen und Reformern heilen, der sich in den Jahren des etwas ungestümen Pontifikats von Franziskus verstärkt hatte. Vor allem aber ist die Wahl von Prevost ein genialer politischer Schachzug gegen Donald Trumps Größenwahn. Der Papst aus den USA verkörpert ein anderes Amerika, das sich nicht über alle erhebt, das nicht respektlos und ohne Anstand alles aus dem Weg räumt, was eigenen Plänen im Wege steht.

Ein Papst des anderen Amerika könnte auch den inneren Widerstand in den USA beflügeln und der Trumpschen Welt-Unordnung etwas entgegensetzen. Dass Leo XIV. in seiner ersten Ansprache auf Italienisch und Spanisch, aber nicht auf Englisch gesprochen hat, das war ein beredtes Zeichen dafür, dass „America first“ für ihn keine Rolle spielt. Es kursiert auch ein Post von Prevost, wo er US-Vize JD Vance wegen dessen Migrationspolitik scharf rügt: „JD Vance liegt falsch: Jesus verlangt von uns nicht, unsere Liebe zu anderen abzustufen“. Leo XIV. ist kein Supermann, der die Welt rettet. Aber er ist die katholische Antwort auf Ichbezogenheit, auf Abschottung, auf Spaltung. Ein Lichtblick in schwierigen Zeiten.
CLAUDIA.MOELLERS@OVB.NET

Artikel 9 von 11