Wie die Identitäre Bewegung nach Schülern fischt

von Redaktion

„Identitäre Bewegung“ am Brandenburger Tor. © dpa

Stuttgart/München – Es ist ein neues Phänomen. Die rechtsradikale Identitäre Bewegung (IB) verteilt derzeit Flyer an Schulen in mehreren Bundesländern, etwa in Bayern und Baden-Württemberg. Alles sieht nach einer koordinierten Aktion aus. Die Identitären sprechen gezielt Schüler an.

Bei der Gruppe handelt sich um eine rechtsextreme Bewegung, die rassistische und islamfeindliche Positionen vertritt und immer wieder mit Protestaktionen auf sich aufmerksam macht. Die Aktivisten besetzen Gebäude, vor ein paar Jahren rollten sie ein Banner am Brandenburger Tor aus mit dem Slogan „Grenzen schützen – Leben retten“. In Deutschland wird die Gruppe vom Verfassungsschutz beobachtet. Die Bewegung spreche in erster Linie junge Menschen an, schreibt der baden-württembergische Verfassungsschutz. Im Südwesten gehören demnach etwa 100 Menschen zur Gruppe.

Die derzeit im Süden und Südwesten kursierenden Flugblätter tragen den Titel „Lehrer hassen diese Fragen“ – eine zunächst unpolitische Formulierung, die auch in sozialen Medien wie Tiktok immer wieder auftaucht. Auf der Rückseite werden verschiedene politische Probleme adressiert. Da wird etwa suggeriert, dass die deutsche Jugend in den Großstädten mittlerweile in der Minderheit sei und „Masseneinwanderung“ zu mehr Gewalt gegen Frauen führe. Aber auch die Zukunftsunsicherheit unter Jugendlichen wird angesprochen. Als Lösung aller Probleme wird die „Remigration“ offeriert. „Wehr dich!“, ist schließlich zu lesen. „Komm zur Identitären Bewegung.“

„Das ist typische Angstmache“, sagt Rolf Frankenberger, wissenschaftlicher Geschäftsführer beim Institut für Rechtsextremismusforschung an der Universität Tübingen. Darstellungen der eigenen Bevölkerung als Minderheit, die Forderung nach „Remigration“ – das sei altbekannt. Neu sei hingegen, dass die Zukunftsängste junger Menschen thematisiert würden. So wird auch die schmelzende Rente erwähnt und das kollabierende Gesundheitssystem. Auf den Flyern werde gezielt ein Generationenkonflikt zu den „Boomern“ aufgemacht, erklärt Frankenberger.

Die Identitären seien gut darin, sich mit solchen Aktionen aufzublasen und sich wichtiger darzustellen, als sie eigentlich seien, so der Forscher. Die Gefahr der Flugblätter liege aber darin, dass sie junge Menschen ins Netz locken könnten, wo sie sich gegebenenfalls in rechten Blasen radikalisieren könnten.

Das bayerische Kultusministerium betont, dass sich Schulen an die Regionalbeauftragten für Demokratie und Toleranz wenden könnten bei extremistischen Vorfällen. Extremismusprävention sei zudem in Lehrplänen verankert, ebenso wie Besuche von KZ-Gedenkstätten. Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) verweist auf die in Bayern eingeführte „Verfassungsviertelstunde“.

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