Ein Jugendlicher hält eine Fahne mit dem Bild des inhaftierten Anführers der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, Abdullah Öcalan. © dpa
Istanbul – Nach einem jahrzehntelangen blutigen Konflikt mit dem türkischen Staat hat die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK ihre Auflösung angekündigt. Es sei beschlossen worden, die organisatorische Struktur der PKK aufzulösen und die Methode des bewaffneten Kampfes zu beenden, schrieb die PKK-nahe Nachrichtenagentur ANF. Dieser Prozess solle vom Gründer der Organisation geleitet werden, dem auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali inhaftierten Abdullah Öcalan.
Die Partei von Präsident Recep Tayyip Erdogan (AKP) reagierte vorsichtig optimistisch auf die Entscheidung: „Wenn der neue PKK-Beschluss vollständig umgesetzt wird und alle PKK-Unterorganisationen und illegalen Strukturen geschlossen werden, wird dies ein Wendepunkt sein“, sagte Parteisprecher Ömer Celik laut der Nachrichtenagentur Anadolu.
Die PKK war 1978 von Öcalan in der Türkei gegründet worden – hauptsächlich als Reaktion auf die politische, soziale und kulturelle Unterdrückung der Kurden in dem Land. Seit den 1980er Jahren kämpft sie mit Waffengewalt und Anschlägen für einen kurdischen Staat oder ein Autonomiegebiet im Südosten der Türkei. Inzwischen ist die PKK von der Forderung eines unabhängigen Staates abgerückt. Die PKK wird in der Türkei, in der EU und in den USA als Terrororganisation eingestuft.
Die PKK reagiert mit dem Schritt nun auf einen Aufruf Öcalans, der seit 1999 in der Türkei inhaftiert ist. Im Februar hatte er die Organisation aufgefordert, die Waffen niederzulegen und sich aufzulösen. Zentrale Fragen sind nun, wie dieser Prozess ablaufen wird, wer die Entwaffnung beaufsichtigen und was mit den Kämpfern der Organisation geschehen wird. Laut ANF fordert die Vereinigung etwa rechtliche Garantien, um den Prozess abzusichern. Die PKK hatte ihre Auflösung zuvor daran geknüpft, dass Öcalan „in die Lage versetzt werde, unter freien Bedingungen zu leben und zu arbeiten“. Dazu ist bisher aber nichts bekannt. Auch Erdogan hatte eine Freilassung strikt abgelehnt.
Ein Ende der PKK dürfte Auswirkungen über die Türkei hinaus haben: Die PKK hat ihr Hauptquartier in den irakischen Kandilbergen und ist auch in in Syrien und in Europa präsent. Ob alle Gruppierungen innerhalb der PKK der Entscheidung folgen werden, ist noch ungewiss.
Die Türkei hatte in der Vergangenheit etwa gefordert, dass eine Auflösung auch die syrische Kurdenmiliz YPG umfassen müsse. Ankara sieht diese als einen Ableger der PKK. Die YPG hatte sich kürzlich aber mit der neuen syrischen Regierung darauf geeinigt, sich vollständig in die Streitkräfte des Landes integrieren zu lassen – ein Schritt, der Ankaras bisherige Forderung obsolet machen könnte.
VON ANNE POLLMANN