Nur neun Tage im Amt und schon muss Finanzminister Klingbeil schlechte Nachrichten verkünden. © Nietfeld/dpa
Berlin – Es ist sein neunter Tag im Amt, Finanzminister Lars Klingbeil war schon in Paris, in Kiel, in Brüssel, auf zwei Parteitagen und hat nebenbei die Führungsposten seiner SPD neu sortiert. Jetzt ist er erstmals so richtig in die Zahlen eingetaucht: Bei der Steuerschätzung muss der Vizekanzler gleich schlechte Nachrichten verkünden.
Der Bund wird in den nächsten Jahren deutlich weniger Steuern einnehmen als noch im Herbst vermutet. Laut der am Donnerstag veröffentlichten Frühjahrsprognose des Arbeitskreises Steuerschätzungen beträgt das Minus für die Jahre bis 2029 demgegenüber insgesamt 81,2 Milliarden Euro. Davon entfallen 33,3 Milliarden Euro auf den Bund, 26,4 Milliarden Euro auf die Länder und 27,2 Milliarden Euro auf die Kommunen.
„Die Wirtschaft ist weiter in schwierigem Fahrwasser. Auch die Steuereinnahmen liegen im Vergleich zur letzten Schätzung etwas niedriger“, sagt Klingbeil. Die neuen Daten seien „aber weitgehend so, wie sie auch in den Koalitionsverhandlungen schon zu erwarten waren“, fügt er hinzu.
Seit fast fünf Monaten arbeitet die Bundesregierung mit einer vorläufigen Haushaltsführung. Deshalb drängt die Zeit beim Haushalt 2025. Am 25. Juni will Klingbeil ihn durchs Kabinett bringen, der Beschluss ist für September geplant. Das ist ein extrem ambitionierter Plan. Zwar wissen seine Haushaltsexperten nach der Steuerschätzung, dass sie nur mit 0,6 Milliarden weniger rechnen müssen als im Herbst gedacht. Doch jetzt beginnt das eigentliche Verhandeln: Gerade zu Beginn der Legislatur werden sich die Minister profilieren wollen. Klingbeil kann anfangen, das Nein-Sagen zu üben.
Ebenfalls vor der Sommerpause will Klingbeil seinen zweiten Haushalt aufstellen – und der dürfte deutlich schwieriger werden. Bis Jahresende sollte der Etat für 2026 beschlossen sein. Laut Steuerschätzung muss er mit rund 10,2 Milliarden Euro weniger planen als bisher gedacht.
Doch warum fehlt überhaupt Geld, obwohl die Bundesregierung gerade erst die Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben aufgeweicht und sich einen 500 Milliarden schweren Schuldentopf für Infrastruktur genehmigt hat? Das hat vor allem mit einer Vorgabe zu tun, die die Grünen reinverhandelt haben: Die Infrastruktur-Milliarden dürfen nur für zusätzliche Investitionen verwendet werden.
Für anderes aber muss Klingbeil den Spielraum im Etat erst noch erarbeiten – vor allem für eine ab 2028 geplante Senkung der Unternehmensbesteuerung und eine Einkommensteuerreform. Auf beides pocht die Union. Auch wann steuerliche Anreize für Rentner kommen, die länger arbeiten, ist noch offen.
THERESA MÜNCH