KOMMENTARE

Schicksalswahlen für Europa

von Redaktion

Polen und Rumänien

Bei allen Diskussionen über Aufrüstung: Die Werte der EU werden zuerst an den Wahlurnen, nicht in den Kasernen verteidigt. Daran erinnert der kommende Sonntag, an dem in zwei an die Ukraine angrenzenden Ländern Wahlen stattfinden, die auch über die Geschlossenheit der Europäer gegenüber Wladimir Putin entscheiden werden.

In Polen eint zwar beide Präsidentschaftskandidaten die ablehnende Haltung gegenüber den russischen Nachbarn. Trotzdem konnte das polnische Forschungsinstitut für Cybersicherheit mehr als 10 000 Accounts mit Verbindungen zu Russland identifizieren, die versuchten, die Wahl zu beeinflussen. Denn ein Sieg Karol Nawrockis über den proeuropäischen Rafal Trzaskowski wäre ein Triumph für Putin, weil der von der rechtsnationalistischen PiS unterstützte Kandidat eine Blockade in der EU androht. Alles, was die EU schwächt, ist für den Kreml ein Sieg.

Aber noch gefährlicher ist die Situation in Rumänien, wo ein Rechtsextremist siegen könnte, der selbst vor Gewalt gegen politische Gegner nicht zurückschreckt. George Simion erhebt offen Gebietsansprüche an die Ukraine und die Republik Moldau, er hetzt gegen die ungarische Minderheit – und wird trotzdem von Ungarns Premier Viktor Orbán unterstützt.

Natürlich gibt es Gründe für den Frust vieler Rumänen über anhaltende wirtschaftliche Probleme und Korruption. George Simion heizt mithilfe russischer Internet-Trolle diese Anti-Establishment-Stimmung an – aber seine Wähler übersehen dabei, dass der Rechtsextremist von den Geheimdienst-Seilschaften aus der Zeit Ceausescus unterstützt wird. Sein Sieg wäre ein Triumph für die alten diktatorisch-kommunistischen Machtnetzwerke.

Die Tatsache, dass der Rechtsextremist vor allem bei den im Ausland lebenden Rumänen seine Anhänger hat, zeigt, wie wirkmächtig die russische Einmischung über Soziale Medien ist – denn in Deutschland lebende Rumänen erleben die Wirklichkeit in ihrer Heimat besonders intensiv durch die dank Putins Trolle verzerrte Social-Media-Brille.

Neben Orbán und dem Slowaken Robert Fico einen weiteren Systemsprenger im Inneren der EU zu haben, wäre eine dramatische Belastung für die Stabilität Europas.
KLAUS.RIMPEL@OVB.NET

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