Vom Nullpunkt zum Neuanfang

von Redaktion

Zitronengelber Neustart: Unter dem Motto „Wenn das Leben dir Zitronen gibt, mach Limonade draus“ schließt die FDP mit der Ära Lindner ab. © Jutrczenka/dpa

Berlin – Der Abschied fiel Christian Lindner nicht leicht. Auf dem Weg zum Rednerpult kämpfte der scheidende FDP-Bundesvorsitzende am Freitag mit den Tränen. Gerade hatte er sich noch ein Video zu den wichtigsten Stationen seines Werdegangs angesehen. Kurz darauf fand die politische Karriere des 46-Jährigen auf der Bühne des FDP-Parteitags ein Ende.

Seinen letzten Auftritt als Chef der Liberalen absolvierte Lindner mit fester Stimme und einem Hauch Wehmut in den Augen. Er schwor die FDP in seiner Rede auf die Arbeit in der außerparlamentarischen Opposition ein. Man merke bereits, dass eine liberale Stimme im Bundestag fehle, sagte er mit Blick auf das von der neuen schwarz-roten Koalition beschlossene Finanzpaket. Die FDP müsse als Korrektiv zur Merz-Regierung dienen. Denn: „Die Wählerinnen und Wähler haben mehrheitlich gewählt: weniger Staat und mehr Freiheit. Geliefert wird jetzt: mehr Staat und mehr Schulden.“

Während er klare Attacken gegen Merz und die CDU formulierte, blieb Lindner bei der Analyse seiner eigenen Fehler vage. Statt Selbstkritik zu üben, versuchte er, den FDP-Mitgliedern Mut zu machen. „Mag sich dieser Parteitag für viele wie ein Nullpunkt anfühlen, er ist nur ein neuer Anfang für diese großartige freie demokratische Partei.“ Damit schien Lindner, der seine Rede vor einer gelben Zitronenwand hielt, das Motto des Parteitags verinnerlicht zu haben: „When life gives you lemons, make lemonade“ (Wenn das Leben dir Zitronen gibt, mach Limonade draus).

Die Aufgabe, aus Lindners Erbe Limonade zu machen, fällt nun der neuen FDP-Spitze zu. Lindner selbst zieht sich aus der Politik zurück und will künftig als Redner und Autor tätig sein. Außerdem freue er sich, mehr Zeit mit Freunden und Familie zu verbringen, sagte der 46-Jährige, der im April zum ersten Mal Vater geworden ist. Er danke besonders seiner Frau Franca Lehfeldt für ihre Nachsicht: „Du musstest das Leben eines Politikers mitführen, obwohl du mich geheiratet hast und nicht die FDP.“

Für seinen emotionalen Auftritt erntete Lindner minutenlange Ovationen. Am Abend wählte der Parteitag Christian Dürr zum neuen Vorsitzenden. 82 Prozent der Delegierten stimmten für den ehemaligen Bundestagsfraktionschef. In seiner Bewerbungsrede hatte Dürr seine Partei zu „Mut zu Entscheidungen“ und „mehr Mut zu grundsätzlichen Reformen“ aufgerufen. Vom Parteitag müsse das Signal ausgehen, „dass mit den Freien Demokraten zu rechnen ist“.

Zu stellvertretenden Parteivorsitzenden wurden der frühere Bundestagsvize Wolfgang Kubicki (69 Prozent), die Europaabgeordnete Svenja Hahn (76) und der NRW-Landesvorsitzende Henning Höne (76) gewählt. Weitere Wahlen wurden auf Samstag verschoben, darunter die der drei Beisitzer im Präsidium. Zu den fünf Bewerbern zählt Susanne Seehofer, Tochter des ehemaligen CSU-Chefs. Sie tritt im Duell gegen die rheinland-pfälzische Landesvorsitzende Daniela Schmitt an.

Der erste Stimmungstest steht der neuen FDP-Spitze im kommenden Frühjahr bevor. Im März 2026 finden in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz Landtagswahlen statt. Besonders ein Misserfolg in Baden-Württemberg, einem Stammland der Liberalen, wäre ein empfindlicher Rückschlag für die angestrebte Rückkehr in den Bundestag.

Artikel 7 von 11