„Israel verletzt systematisch internationales Recht“

von Redaktion

Internationale Kritik an Militäroffensive – Hamas-Anführer Mohammed al-Sinwar offenbar tot

Trauer und Verzweiflung: Ein Palästinenser weint am Sonntag vor dem Al-Schifa-Krankenhaus in Gaza Stadt. © AFP

München – Israels neue Großoffensive im Gazastreifen gegen die islamistische Hamas stößt international auf wachsende Kritik. Der Beginn einer neuerlichen Bodenoffensive sei Grund „zu tiefer Sorge“ – sowohl mit Blick auf die strategischen Ziele Israels als auch die humanitäre Lage, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin. EU-Ratspräsident António Costa zeigte sich „schockiert“ und appellierte an beide Konfliktparteien: „Die Gewalt muss aufhören!“ Costa forderte: „Die israelische Regierung muss die Blockade jetzt aufheben und den sicheren, schnellen und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe gewährleisten. Ein ganzes Volk wird mit erdrückender, unverhältnismäßiger militärischer Gewalt angegriffen. Internationales Recht wird systematisch verletzt.“ Auch Carlo Masala, Politikwissenschaftler der Universität der Bundeswehr in München, erklärt: Die seit mehr als zwei Monaten anhaltende Blockade der Hilfsgüter sei ein völkerrechtliches „No-Go“ und bewege sich „außerhalb jeder völkerrechtlichen Norm“.

Israels Militär hatte in der Nacht zuvor den Auftakt zu einem neuen Großangriff in Gaza bekannt gegeben. Man habe damit begonnen, „umfangreiche Angriffe durchzuführen und Truppen zu mobilisieren“. Nach palästinensischen Angaben wurden seither zahlreiche weitere Menschen getötet und verletzt. Allein in der Nacht zum Sonntag seien 81 Menschen gestorben, meldete die Nachrichtenagentur Wafa. Bei einem Bombardement in der Gegend von Al-Mawasi im Süden des Küstenstreifens habe es mehr als 20 Tote und rund 100 Verletzte gegeben. Es seien Zelte getroffen worden, in denen Vertriebene untergebracht waren.

Verteidigungsminister Israel Katz geht davon aus, dass bei den Angriffen auch Mohammed al-Sinwar getötet wurde. „Obwohl es noch keine offizielle Bestätigung gibt, ist Mohammed al-Sinwar allen Anzeichen nach ausgeschaltet worden“, zitierten ihn mehrere Medien bei einer Ausschusssitzung. Al-Sinwar ist der jüngere Bruder des im vergangenen Jahr getöteten Hamas-Anführers Jihia al-Sinwar. Er war nach dem Tod des Hamas-Militärchefs Mohammed Deif im Juli vergangenen Jahres Chef des bewaffneten Arms der Islamistenorganisation geworden.

Das harte Vorgehen Israels sorgt auch in Deutschland für wachsende Kritik. SPD-Fraktionschef Matthias Miersch sprach von einer humanitären Katastrophe. „Die neue Offensive der israelischen Streitkräfte im Gazastreifen fordert erneut zahlreiche zivile Opfer. Berichte über zerstörte Krankenhäuser, blockierte Hilfslieferungen und Pläne zur dauerhaften militärischen Präsenz in Gaza sind zutiefst besorgniserregend“, sagte Miersch.

Die israelische Regierung hat gestern Abend bekannt gegeben, wieder humanitäre Hilfe in den Gazastreifen lassen zu wollen. Die Grundversorgung mit Lebensmitteln erfolge auf Empfehlung der israelischen Armee und um sicherzustellen, dass es zu keiner Hungersnot komme. Eine Hungersnot würde die Fortsetzung der Offensive gefährden, hieß es einer Mitteilung Netanjahus. Seit Anfang März hatte Israel keine Hilfslieferungen mehr in den Gazastreifen gelassen. Das Land wirft der Hamas vor, die Hilfsgüter weiterzuverkaufen, um ihre Kämpfer und Waffen zu finanzieren.

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