Das Märchen von den „Systemparteien“

von Redaktion

Wahl in Rumänien

Die Erleichterung in Brüssel und unter allen Pro-Europäern ist groß: Der rumänische Rechtsextremist George Simion hat in der Stichwahl verloren. Ein Ex-Hooligan, der offen zur Annexion von Gebieten der Nachbarländer aufgerufen und Andersdenkende gewalttätig attackiert hat. Die Tatsache, dass solch ein Politiker 46 Prozent der Stimmen erhalten hat, sollte allzu großen Jubel der Demokraten dämpfen.

Tiefes Misstrauen, ja sogar Hass auf das demokratische System, das sich in den Stimmen für Simion in Rumänien offenbart, gibt es derzeit überall in der westlichen Welt. Donald Trumps MAGA-Bewegung in den USA, Le Pen in Frankreich, die AfD bei uns in Deutschland – all diese Kräfte haben es geschafft, einen Dualismus aufzubauen nach dem Motto: Wir gegen den Rest. Polit-Strategisch ist das genial: Alice Weidel etwa erweckt so den Anschein, als kämpfe sie gegen ein Bündnis, das von der CSU bis zur Linkspartei reicht – so wie sich in Rumänien jetzt alle demokratischen Kräfte zusammengerauft haben, um Simion doch noch zu verhindern. Die Parteien (und wir Wähler) sollten diesem Spiel nicht länger auf den Leim gehen: Die Mär von den „Systemparteien“ ist nichts als billige Propaganda. Konservative unterscheiden sich noch immer von Sozialdemokraten. Das Einzige, was sie (hoffentlich) eint, ist die Treue zu Grundrechten und dem internationalen Völkerrecht.

Der rumänische Wahlsieger Nicusor Dan hat den richtigen Ton getroffen, wenn er den Simion-Wählern verspricht, es gebe keine zwei Rumänien: Jeder, der tiefgreifenden Wandel herbeisehne, habe gewonnen. Man muss das System nicht sprengen, um es zu verbessern.
KLAUS.RIMPEL@OVB.NET

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