Gute Laune: Der britische Premier Keir Starmer mit der Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen. © AFP
Brüssel /London – Fünf Jahre nach dem Brexit nähern sich Großbritannien und die EU wieder an. Bei dem ersten Gipfeltreffen seit dem Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union vereinbarten beide Seiten eine engere Zusammenarbeit bei Themen wie Verteidigung und Sicherheit, Lebensmittelstandards, Fischerei und Energie sowie irreguläre Migration. Zudem soll das Reisen und Leben im Ausland für Menschen auf beiden Seiten des Ärmelkanals einfacher werden. Statt bei der Passkontrolle in der Schlange mit Reisenden aus aller Welt zu warten, sollen Briten durch E-Gates gehen können.
Beide Seiten hätten sich auf einen „historischen“ Deal geeinigt, sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen bei einer Pressekonferenz mit EU-Ratspräsident António Costa und Großbritanniens Premier Keir Starmer in London. In vielen Bereichen bleibt das Abkommen aber noch vage und dürfte nur Ausgangspunkt für weitere Gespräche sein.
Der Gipfel in London war das erste Treffen dieser Art seit dem Brexit im Jahr 2020 und soll in diesem Format künftig einmal jährlich stattfinden. Starmer sprach vom „Beginn einer neuen Ära in unseren Beziehungen“. Großbritannien erhalte dadurch besseren Zugang zum EU-Markt als alle anderen Länder außerhalb des Staatenverbunds, so der Labour-Politiker. Im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine und die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump demonstrierten beide Seiten Einigkeit mit Bekenntnissen zur Unterstützung Kiews und zum freien Handel.
Großbritannien war Anfang 2020 aus der EU ausgetreten und ist seit 2021 auch nicht mehr Mitglied der EU-Zollunion und des Binnenmarkts. In einem Referendum hatte sich eine sehr knappe Mehrheit der Briten für den Austritt ausgesprochen und beendete so 47 Jahre EU-Mitgliedschaft. Zwar befürwortet laut Umfragen inzwischen eine Mehrheit der Briten eine Rückkehr in die EU, doch das ist weder in London noch in Brüssel ein Thema. Costa betonte: „Dies ist keine Kehrtwende, sondern ein neues Kapitel.“ Auch eine Rückkehr in EU-Binnenmarkt und Zollunion ist weiterhin tabu, wie Starmer klarstellte. In Sachen Lebensmittelhygiene will sich London aber wieder an EU-Standards orientieren, was den Handel vereinfachen und Preise in britischen Supermärkten drücken soll. Beide Seiten wollen sich zudem für einen Zeitraum von zwölf Jahren vollen gegenseitigen Zugang zu Fischereigründen gewähren – ein Punkt, der in Großbritannien ein Politikum ist. Die Kontrolle über die eigenen Gewässer wiederzuerlangen, war eines der wichtigsten Argumente der Brexit-Befürworter.
Die konservative Oppositionschefin Kemi Badenoch sprach von einem „Ausverkauf“. Der rechte Nigel Farage warnte gar vom „Ende der Fischindustrie“ in Großbritannien.