Olympi-Ja oder Nö-Lympia

von Redaktion

Werbe-Auftritt im Olympiastadion: OB Dieter Reiter (SPD), Markus Söder (CSU) und Sportminister Joachim Herrmann (CSU) tun sich für eine Bewerbung zusammen. © Marcus Schlaf

München – Die Herren staunen selbst, wie gut sie sich verstehen. „Fast schon zu viel Harmonie heute“, raunt Markus Söder und blickt auf Dieter Reiter. In seltener Einigkeit treten der CSU-Ministerpräsident und der SPD-Oberbürgermeister vor die Kameras. Ihr Projekt: Werben für Olympia in München. Politische Rivalität, nahende Kommunalwahl, bei der die CSU Reiter stürzen möchte – bis auf Weiteres verdrängt. „Das bekommt man nur gemeinsam hin“, sagt Reiter über die Bewerbung. Und selbst dann werde es „nicht immer ganz einfach werden“.

Tatsächlich bringen Reiter mit seiner grün-roten Rathauskoalition und Söder mit seinem Bayern-Bündnis aus CSU und Freien Wählern ein breites Parteienspektrum ein – und wissen trotzdem nicht sicher, ob es reichen wird. Am 26. Oktober sollen die Münchner abstimmen, ob sie mit einer Bewerbung einverstanden sind oder nicht. Einmal schon haben die Bürger etwas grantig Nein gesagt, 2013 war das bei dem Plan für Winterspiele 2022. „Aufstand gegen die olympische Allmacht“, lautete damals eine Schlagzeile. Groll auf Funktionärskasten, Sorge vor steuerfinanzierten Sportruinen, Angst vor weiterem Siedlungsdruck und Mietexplosionen trieben damals die Kritiker um.

Auch diesmal gilt: Nein heißt Nein. Scheitert der Bürgerentscheid, wollen Reiter und Söder die Bewerbung zurückziehen. Bis dahin aber wollen sie mit Feuereifer für Olympia werben. „Das werden nachhaltige, gute, sympathische, sichere Spiele“, verspricht Söder. „Wir werden Deutschland nicht blamieren.“

Dass kaum neue Sportstätten gebaut werden, sondern die 72er-Infrastruktur und die aktuellen Hallen und Stadien genutzt werden, heben die Olympi-Ja-Kämpfer hervor. Genauso Reiters Zusage, „ein paar tausend“ neue Wohnungen im geplanten Olympischen Dorf zu bauen, erst für die Athleten, nach den Spielen für die Münchner. Und die Infrastruktur schneller auszubauen als geplant. Aber reicht das?

Die Gegner formieren sich bereits. Spannend: Bei den Grünen zeichnet sich ab, dass es wieder Gegner und Befürworter geben wird. Die Landtagsfraktion stellt sich nicht gegen die Bewerbung, fordert aber volle Transparenz und eine faire Kostenteilung. Ihr Landtagsvizepräsident Ludwig Hartmann hingegen strebt jetzt schon – wie vor zwölf Jahren – an die Spitze der Gegner, sagt er unserer Zeitung. „Immer, wenn Olympia irgendwo war, hat das vor allem eines gebracht: steigende Immobilienpreise und steigende Mieten – und das ist genau das Letzte, was München jetzt braucht.“

Im Rathaus startet federführend die ÖDP in diesen Tagen die Kampagne „NÖ-lympia“. Bereits für 28. Mai ist die erste Demo geplant, morgens vor dem Rathaus, bevor der Stadtrat über die Bewerbung berät. „Wer Olympia nach München holen will, treibt eine Stadt am Rande des Kollapses vollends über die Klippe“, sagt ÖDP-Fraktionschef Tobias Ruff.München brauche keine weiteren Riesen-Events von „ethisch fragwürdigen Sportverbänden, die auch noch die Lebenshaltungskosten explodieren lassen und den Wohnraum weiter verknappen“. Auch die Linke stellt sich dagegen. Ihr Fraktionschef Stefan Jagel sagt, die SPD habe ihren sozialen Kompass verloren und setze lieber immer wieder auf üppige Prestigeevents. Er warnt, am Ende stünden „Kürzungen im Sozialbereich“. Die AfD stellt sich hinter die Bewerbung, „auch wenn es für die Stadt mit Herausforderungen verbunden ist“, sagt der Stadtrat und Landtagsabgeordnete Markus Walbrunn. Es sei gut für München, „das Sportfest schlechthin“ ausrichten zu dürfen.

Es wird also ein wohl emotionales olympisches Ringen, verschärft durch den Wahlkampf zur Kommunalwahl am 8. März 2026. Ist auf die neue Söder-Reiter-Achse dabei wirklich Verlass, wenigstens bis zum Bürgerentscheid? Söder gelobt, mit aller Macht für ein Ja zu werben. Ewige Harmonie verspricht er Reiter aber nicht: „Es wird auch noch andere Stunden geben.“