Bielefeld-Terror: auf Spurensuche

von Redaktion

Spurensicherung am Tatort in Bielefeld. © Müller/dpa

München/Bielefeld – Die Stimmung in Bielefeld ist ausgelassen. Am Samstagmittag hat der Fußballclub Arminia Bielefeld mit einem erneuten Sieg seinen Spitzenplatz in der dritten Liga verteidigt. Die Feierlaune hält bei ein paar Fans bis in die Nacht an. Doch am Sonntagmorgen gegen 4.20 Uhr ist es mit alldem schlagartig vorbei: Ein Mann sticht gezielt auf Feiernde vor der Bar „Cutie“ ein. Vier Menschen zwischen 22 und 27 Jahren erleiden lebensgefährliche Stichverletzungen. Der Täter flieht, hinterlässt mehrere Messer, eine Tasche mit Ausweisdokumenten und einer Flasche, womöglich gefüllt mit Benzin. Gesucht wird nach Mahmoud M.: männlich, 35 Jahre, in Syrien geboren.

Die Frage, die seither quälend im Raum steht, ist: warum? Anfänglich halten sich die Ermittler zum Motiv bedeckt. Berichte über einen geplanten Anschlag des Syrers wollen die Behörden nicht bestätigen. Am späten Montagabend dann die erlösende Nachricht: Der Tatverdächtige wurde gefasst. Nach mehreren SEK-Einsätzen konnte Mahmoud M. in einer leerstehenden Wohnung in Heiligenhaus nahe Düsseldorf aufgegriffen werden. Die Spur zu ihm führte ausgerechnet über eine App der Deutschen Bahn. Nach der Tat soll M. nach Essen gefahren sein und dort einen Passanten nach einer Zugverbindung gefragt haben. Dieser gab M. sein Handy, auf dem der Täter die DB-App öffnete und eine Verbindung nach Velbert südlich von Essen suchte. Der Zeuge wandte sich danach an die Polizei. Daraufhin konzentrierten sich die Ermittler auf drei Objekte nördlich von Düsseldorf – unter anderem eine Anschrift eines Cousins. Jetzt sitzt M. wegen versuchten Mordes in U-Haft.

Schnell übernimmt die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen. Der Verdacht: eine religiös motivierte Tat, ein Angriff auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung Deutschlands. Bei Mahmoud M. wird ein entsprechendes Schriftstück gefunden. Laut „Spiegel“ ein Zettel mit einem islamistischen Banner. Bei der Festnahme erklärte er, IS-Sympathisant zu sein. Nach gerade mal zwei Wochen im Amt, muss Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) mitteilen, dass sich die Hinweise auf islamistischen Terror verdichten.

Der WDR und die „Bild“ haben mit M.s Mitbewohner in der Flüchtlingsunterkunft gesprochen. Demnach habe sich der Syrer wohl innerhalb von sechs Monaten über das Internet radikalisiert. Er habe plötzlich über den IS und Terrorismus gesprochen. Im Internet sollen ihm Islamisten sogar beigebracht haben, eine Bombe zu bauen. Und trotzdem bewegte sich M. unter dem Radar.

Laut NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) ist M. über die Türkei nach Europa gekommen. In Deutschland hat er einen Asylantrag gestellt, im Dezember 2023 wird ihm ein befristeter Schutzstatus ausgestellt. Polizeilich bekannt war er bisher nicht. „Man muss ehrlich sagen: Wir können nicht ausschließen, dass einzelne Menschen sich einzeln radikalisieren und wir es nicht merken“, sagt Reul.
LHUD

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