Der Neue im Amt: Der Verteidigungspolitiker Henning Otte folgt Eva Högl als Wehrbeauftragter. © Chr. Soeder/dpa
München – Nicht mal die Grünen meckern, im Gegenteil. Der Kandidat habe sich in der Fraktion vorgestellt und einen sehr guten Eindruck gemacht, sagt Parlamentsgeschäftsführerin Irene Mihalic gestern. Man werde Henning Otte (CDU) unterstützen. Spätestens da ahnt der 56-Jährige: Zittern nicht nötig, er kriegt seine Mehrheit. Die fällt deutlich aus mit 391 Ja- und 188 Nein-Stimmen bei 28 Enthaltungen.
Otte, seit gestern Wehrbeauftragter der Bundesregierung, ist tief drin im Thema Bundeswehr. Er ist Reserveoffizier, sitzt seit 2006 im Verteidigungsausschuss, war jahrelang verteidigungspolitischer Sprecher seiner Fraktion. 2019 wurde er sogar für das Ministeramt gehandelt, zog aber gegen Annegret Kramp-Karrenbauer den Kürzeren. Und: Er traut sich kantige Positionen. Lange warb Otte für die Anschaffung bewaffneter Drohnen, drängte früh zur Unterstützung der Ukraine. Eine Rückkehr zur Wehrpflicht hält er für richtig.
Das kann man teilen oder nicht. Unstrittig ist: Der Mann kennt sich aus. Bei der Besetzung des wichtigen Postens war das zuletzt nicht immer so. Ottes Vorgängerin Eva Högl kam vor fünf Jahren völlig überraschend ins Amt, nachdem die SPD-Fraktion ohne Not den erfahrenen Hans-Peter Bartels abgesägt hatte. Högl startete mit einigen Vorbehalten, erwarb sich langsam Ansehen bei der Truppe. Auch diesmal gab es die Sorge vor Posten-Geschacher, zwischenzeitlich fiel gar der Name Saskia Esken. Die Union beharrte aber auf ihrem Vorschlagsrecht.
Ottes Fachkenntnis ist vonnöten, denn das Amt wird wichtiger. Die kleingesparte Bundeswehr stellt wieder auf Landesverteidigung um und will verteidigungsfähig werden; der Wehrbeauftragte soll als unabhängige Kontrollinstanz Missstände auf dem Weg dorthin dokumentieren, ist Problemsucher, Sorgensammler und Dampfmacher in einem. Er darf jederzeit unangemeldet Kasernen besuchen, Akten einsehen, Sorgen der Soldaten aufnehmen. Einmal im Jahr stellt er alles vor – für den Verteidigungsminister kein Wohlfühltermin.
Schonung darf sich Boris Pistorius auch von Landsmann Otte (beide sind Niedersachen) nicht erhoffen: Letzterer kritisierte den Minister in der Vergangenheit immer wieder. Sie müssen jetzt miteinander auskommen, Otte ist auf fünf Jahre gewählt. Immerhin: Am Geld wird sich, nach der Lockerung der Schuldenbremse, wohl kein Ärger entzünden.
MMÄ/AFP