„Tod, Tod, Tod“: US-Präsident Donald Trump zeigt während eines Besuchs von Südafrikas Präsidenten Ramaphosa Berichte von angeblich getöteten weißen Farmern. © Vucci/dpa
München – Mit einem Mal wird es dunkel im Oval Office. „Machen Sie das Licht aus“, ordnet der US-Präsident an. Auf einem großen Fernseher flackert ein Zusammenschnitt verschiedener Videos. Redebeiträge, Lieder, Interviews. Sie alle sollen eines belegen: Einen angeblichen Genozid an weißen Farmern in Südafrika. Die Vorführung gipfelt in einer Aufnahme von einer Straße, gesäumt von weißen Kreuzen – so weit das Auge reicht. Alles angeblich Gräber von weißen Südafrikanern.
Dem extra angereisten südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa ist das Geschehen sichtlich unangenehm, immer wieder versucht er Donald Trump zu unterbrechen. Dieser blickt aber nur gebannt auf den Bildschirm. Später präsentiert Trump einen Stapel an ausgedruckten Artikeln, die alles beweisen sollen. Widerworte unerwünscht. Wieder hat Trump einen Eklat provoziert, wieder ist die Frage: Warum?
Neu ist die Erzählung von einer angeblich groß angelegten Tötung weißer Kolonialisten-Nachfahren in Trumps Geschichten-Repertoire nicht. Schon in seiner ersten Amtszeit erregt er mit einem entsprechenden Tweet die Gemüter. Damals wie heute schreckt der US-Präsident nicht vor falschen Fakten zurück. Ja, die Kriminalitätsrate in Südafrika ist hoch, Belege für gezielte Morde an Weißen gibt es aber nicht. So ist auch das Video mit den etlichen Gräbern laut afp nicht einmal in Südafrika aufgenommen worden. Trump ist das alles egal, ihm geht es um die Wirkung seines Auftritts, um die Botschaft dahinter. Und die lautet in etwa: Südafrika kann nicht auf die USA zählen.
Sonderlich überraschen dürfte das Ramaphosa nicht. Bereits im Februar friert Trump sämtliche US-Hilfen für Südafrika – auch für HIV-Programme – ein.
Hinzu kommt, dass das afrikanisch-amerikanische Agoa-Handelsabkommen im September überprüft werden soll. „Es kann also durchaus sein, dass Trump mit dem neuen Eklat Südafrika zu bestimmten Zugeständnissen zwingen will“, sagt Melanie Müller, Südafrika-Expertin von der Stiftung Wissenschaft und Politik.
Zudem gehe es auch um die Frage, ob sich US-Firmen weiter an Quoten und Gesetze in Südafrika halten müssen. Da spiele vor allem der in Südafrika geborene Präsidenten-Berater Elon Musk „eine ziemlich zentrale Rolle“, sagt Müller. So versucht Musk gerade seinen Internet-Satellitendienst Starlink auch in Südafrika zu vermarkten – doch Ramaphosas Regierung hat dafür spezielle Vorgaben. Musk spricht bereits von „Rassismus gegen Weiße“. Befeuert wird diese Erzählung von einem Gesetz in Südafrika, das der Regierung in bestimmten Fällen erlaubt, weiße Farmer ohne Entschädigung zu enteignen. Was sich laut Müller allerdings „nicht so stark von der Gesetzgebung in anderen Ländern der Welt unterscheidet, zumal die südafrikanische Verfassung das Recht auf Eigentum grundsätzlich regelt“. Auch gut drei Jahrzehnte nach Ende der Apartheid gilt die weiße Minderheit als privilegiert.
Trump erzählt weiter vom „Weißen Genozid“. „Es gibt eine Reihe an rechten Netzwerken, die dieses Narrativ seit einer Weile propagieren“, sagt Müller. Deswegen dürfe auch die ideologische Komponente dieser Debatte nicht außer Acht gelassen werden. „Im Endeffekt ist Südafrikas multiethnische Demokratie das politische Gegenmodell zu dem, was Donald Trump und seine Administration als Gesellschaftsmodell propagieren.“
Aber auch außenpolitisch ist Washington nicht sonderlich auf einer Linie mit Pretoria. Bereits seit der südafrikanischen Klage gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof wegen des „Völkermord“-Vorwurfs im Gazastreifen gilt das Verhältnis als angespannt. Dass Südafrika unter anderem mit China und dem Iran die sogenannte BRICS-Gruppe bildet, sorgt in den USA ebenfalls für Misstrauen.
Präsident Ramaphosa aber lässt sich von Trumps Provokationen nicht aus der Ruhe bringen. Das Treffen sei „sehr gut“ gelaufen sagt er und spricht sich für einen „Neubeginn“ der Beziehung aus. Er scherzt mit Trump und lässt ihm ein 14 Kilogramm schweres Gastgeschenk da: ein Buch über südafrikanische Golfplätze.