KOMMENTARE

Wohnraum – die neue große soziale Frage

von Redaktion

Die Bau-Krise

Am Wahlabend herrschte große Überraschung: Die schon totgesagte Linke hatte tatsächlich 8,8 Prozent geholt! Was war denn da passiert? In den Analysen ging es dann viel um Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek und ihre pfiffige Kampagne im Internet. Doch die Linke hatte auch ein Thema besetzt, das die anderen Parteien vernachlässigten: die Frage nach Wohnraum – inzwischen eine der zentralsten der Sozialpolitik.

Die neuen Zahlen verschärfen das Problem: Um 14 Prozent brach der Wohnungsbau im vergangenen Jahr ein – es wurden 42500 Wohnungen weniger gebaut als noch 2023. Unter der blassen SPD-Ministerin Klara Geywitz, die zwar mit großen Plänen gestartet war, am Ende aber einräumen musste: „Ich bin das Gesicht zur aktuellen Baukrise, und das fühlt sich nicht schön an.“ Inzwischen fehlen Millionen Sozialwohnungen, weshalb die Kommunen für ihre Bürgergeldempfänger normale Mieten bezahlen und damit den regulären Mietmarkt weiter verschärfen. Betroffen sind keineswegs nur Studenten, Azubis oder Rentner. Nein, selbst viele Familien von Akademikern oder Fachkräften finden in Ballungszentren wie München oder Frankfurt nichts Adäquates mehr. Jeder, der hier mal auf Wohnungssuche war, weiß, wie würdelos das oft abläuft. Und wenn die Mittelschicht der Gesellschaft, also die Leistungsträger, an der Gerechtigkeit des Systems zweifelt, beginnt das ganze System zu wanken.

Es war ebenso überraschend wie richtig, dass Friedrich Merz das Thema von sich aus in seiner Regierungserklärung ansprach. Von der Linken gab es höhnisches Gelächter für den CDU-Mann. Tatsächlich hat die Union hier lange geschlafen. Doch die Rezepte der Linken – von „Mietendeckel jetzt“ bis „Wohnkonzerne enteignen“ – sind auch kein Mittel. Welcher private Investor baut oder saniert denn Wohnungen, wenn der Staat vorab die Rendite begrenzt? Und nur auf staatlichen Bau zu setzen, wäre angesichts der klammen Kassen naiv.

Nein, die neue Ministerin Verena Hubertz (SPD) weist in die richtige Richtung: weniger Vorschriften, schnellere Genehmigungen und innovative Bauweise. Dennoch ist ihr „Wohnungsbau-Turbo“ eine unerfüllbare Versprechung. Denn Bauen dauert Zeit – und die sinkende Zahl der Genehmigungen (niedrigster Stand seit 2010) spricht erst mal für eine Verschärfung der Lage.

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