1000 Mann auf jeder Seite: Der Gefangenenaustausch zwischen Moskau und Kiew ist zweifelsohne eine gute Sache – und ja, er ist das Ergebnis von Gesprächen, auf die vor allem der US-Präsident gedrungen hatte. Für Donald Trump ist es trotzdem nur ein Scheinerfolg. Denn wer Einsatz und Ertrag der vergangenen zwei Wochen nebeneinanderlegt, muss erkennen: Der Kreml hat das Weiße Haus vorgeführt.
Das ist bedauerlich, zumal die Ausgangslage Grund zur Hoffnung bot. Die mühsam angebahnte Vereinbarung zwischen europäischen Anführern (samt Kanzler Merz) auf der einen und Trump auf der anderen Seite, Wladimir Putin auf eine bedingungslose Waffenruhe festzunageln oder schmerzhafte Sanktionen zu verhängen, war ein Zeichen selten gewordener transatlantischer Einigkeit. Die traurige Pointe ist aber, dass es dem Kreml-Herrscher mühelos gelang, die „Verbündeten“ wieder auseinanderzutreiben.
Putins Vorschlag direkter Gespräche in Istanbul war eine Finte, er selbst erschien nicht, schickte eine Witz-Delegation, dem Frieden kam man kein Stück näher. Als Lohn für das Theater ließ Trump trotzdem seine Forderung einer Waffenruhe fallen. Nach ihrem Telefonat eine Woche später wollte der US-Präsident auch von Öl-Sanktionen nichts mehr wissen, erklärte den Krieg lustlos zur europäischen Sache. Fast unbemerkt beerdigte der Kreml auch Trumps Vorschlag, im Vatikan zu verhandeln – und überzog die Region Kiew mit blutigen Angriffen. Aus Washington kam nicht mal ein Schulterzucken.
Selenskyj sagte unlängst, Ziel aller Bemühungen sei es, Trump davon zu überzeugen, dass Putin lügt. Beweise dafür haben die letzten zwei Wochen genug geliefert, aber nicht mal das scheint dem Mann im Oval Office die Augen zu öffnen. Was also bleibt?
Putin wird seine Lehre gezogen haben: nämlich die, dass er den launenhaften Trump mit wenig Aufwand maximal beeinflussen kann. Für Europa ist es gerade andersherum. Es muss viel geben, um den US-Präsidenten einigermaßen bei Laune zu halten, nicht nur mit Blick auf Kiew. Die rasche Indienststellung der Litauen-Brigade, das Ja des Kanzlers zu fünf Prozent Verteidigungsausgeben sind (auch) Signale an Trump, nicht an der Nato zu rütteln. Beim Gipfel im Juni wird man sehen, ob es wirkt.
MARCUS.MAECKLER@OVB.NET