„Wir sollten die Zeiten der Düsternis überdauern“: Wissenschaftsminister Markus Blume bei seiner New-York-Delegationsreise 2024. © Poblotzki/STMWFK
Rauswurf aus Harvard: Die USA kündigen einen groben Umgang mit ausländischen Studenten an der Elite-Uni an. Das könne Deutschland nicht kalt lassen, sagt Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU). Er will Studenten und Top-Forscher in den Freistaat holen und diese Woche Kontakt aufnehmen, sagte der 50-jährige Münchner im Interview mit unserer Zeitung.
Trump legt die Axt an Harvard. Als konkurrierender Forschungs- und Hightech-Standort: Sollten wir das mit Spott oder Sorge verfolgen?
Mit großer Sorge. Donald Trump legt die Axt auch an die offene Gesellschaft. Wissenschaftsfreiheit ist in modernen westlichen Gesellschaften unverhandelbar und die Grundvoraussetzung für Fortschritt. Das kann uns nicht kaltlassen. Wir stehen mit all unseren Universitäten und Forschungseinrichtungen an der Seite unserer Partner in den USA.
Ist das ein Angebot an die bangenden Harvard-Studenten: Kommt an Bayerns Elite-Unis, hier ist ein sicherer Hafen?
Ein sicherer Hafen ist genau das, was Deutschland jetzt ist. Bayern hat mit seinen Top-Universitäten ein herausragendes Angebot an alle Studierenden der Welt. Harvard hat rund 550 Studierende aus Deutschland. Wir werden mit dem DAAD (dem Deutschen Akademischen Austauschdienst) diese Woche versuchen, Kontakt aufzunehmen und zu unterstützen. Unsere Arme sind offen.
Starten Sie auch ein offensives Abwerbeprogramm für US-Forscher, die sich in Trump-Land nicht mehr wohlfühlen?
Auch da sind unsere Arme offen. Wir haben im neuen Koalitionsvertrag ein 1000-Köpfe-Programm installiert für Spitzenforscher und Nachwuchs aus der ganzen Welt. Ich halte aber nichts von aggressiven Abwerbeangeboten gezielt gegenüber den USA. Die Welt der Wissenschaft ist hochkooperativ. In den USA wird Wissenschaftsfreiheit gerade kleingeschrieben, da werden Institutionen an die Kandare genommen. Wir wollen unseren US-Partnern helfen, sie nicht noch aktiv schwächen.
Trump argumentiert ja auch national: US-Unis erst mal für US-Studenten. Ist dieser Gedanke denn so ganz falsch? Denkt man sich so was nicht auch bei sehr international ausgerichteten, teuren bayerischen Studiengängen?
Wir werben als Freistaat um die Talente der Welt, weil unsere Landeskinder gar nicht die über 400 000 Studienplätze bei uns besetzen könnten. Ein Drittel der Erstsemester sind inzwischen internationale Studierende, von denen viele als dringend benötigte Fachkräfte bei uns bleiben. Klar ist: Top-Ausbildung darf auch etwas kosten. Deshalb begrüße ich, dass zum Beispiel die TU München und auch Hochschulen für angewandte Wissenschaften für Nicht-EU-Angehörige Studiengebühren erheben. Das hält übrigens keinen vom Studieren in Bayern ab.
Wir denken da ja eher auch an China. Ist es klug, 40 000 chinesische Studenten mit enger Bindung an Peking bei uns die modernste Technologie für Raketen, Laser, Mikrochips, Robotik studieren zu lassen?
Die größte internationale Studierendengruppe sind übrigens inzwischen Inder, China liegt auf Platz 2. Wir wollen die besten Köpfe bei uns, aber wir sind auch nicht naiv. Deswegen wird jeder einzelne Studienbewerber überprüft. Und jede Universität in Bayern ist wachsam.
Zurück zu den USA: Sind wir inmitten von Zollkrieg, Drohungen, Rauswürfen noch Wertepartner?
Meine Hoffnung ist, dass die Institutionen stärker sind als der aktuelle amerikanische Präsident. Die transatlantische Partnerschaft ist so stark, dass sie solche Zeiten der Düsternis überdauert. Was da auch noch alles kommen mag – Zollschranken, Truppenabzug, Drohungen: Wir lassen uns nicht aus der Bahn werfen.