Als der elektrische VW ID.3 vor fünf Jahren auf den Markt kam, war der Spott groß. Verkorkstes Design, störanfälliges Infotainment, bei Reichweite und Power weit hinter Tesla, dafür fast so teuer wie ein VW-Bus: Wer sollte das denn kaufen? Heute sieht die Sache anders aus. Der ID.3 ist nach vielen kleinen Verbesserungen plötzlich beliebt und der Konzernbruder Skoda Elroq sogar Bestseller unter den E-Autos in Europa. Und Tesla? Stürzt völlig ab.
Die deutschen Hersteller dürfen sich bei Tesla-Gründer Elon Musk bedanken, dass sie sich mit ihren E-Autos zurück auf der Überholspur wiederfinden. Musk hat seine Energie zuletzt lieber in den Abriss der Demokratie als in die Weiterentwicklung seiner Teslas gesteckt. Die oft mit einem sozialen Gewissen ausgestatteten E-Autofahrer wollen aber keine Autos von einem Milliardär, der wie ein Bösewicht aus einem James-Bond-Film wirkt. Das hilft den etwas langweiligen, dafür bodenständigen und braven deutschen Konzernen, die übrigens anders als Tesla und die Chinesen ein breites Händler- und Werkstattnetz aufgebaut haben. Das wissen Kunden zu schätzen.
Es stimmt, noch wird nicht jeder mit einem E-Auto glücklich. Doch auch in Deutschland wächst das Vertrauen langsam und es gibt Millionen potenzielle Kunden mit geeigneten Fahrprofilen. Die Hersteller sollten also schnellstens mehr bezahlbare Modelle liefern. Und die Politik muss endlich verlässliche Rahmenbedingungen schaffen, statt die E-Mobilität weiter zu zerreden: mit niedrigen Strompreisen, mehr Ladestellen und weniger Bezahl-Wirrwarr an öffentlichen Säulen. Im von E-Autos dominierten chinesischen Markt spielen VW & Co. bereits nur noch eine Nebenrolle. Umso wichtiger ist es, den Schwung in Europa jetzt zu nutzen.
ANDREAS.HOESS@OVB.NET