Klare Worte: Nach dem Kanzler übt auch Außenminister Johann Wadephul deutliche Kritik an Israel. © Kappeler/dpa
Berlin/Gaza – Außenminister Johann Wadephul (CDU) warnt die israelische Regierung in der Diskussion über deren Kriegsführung im Gazastreifen davor, Deutschland mit Antisemitismusvorwürfen unter Druck zu setzen. Der Kampf der Bundesregierung gegen Antisemitismus und die vollständige Unterstützung des Existenzrechts und der Sicherheit des Staates Israel dürfe „nicht instrumentalisiert werden für die Auseinandersetzung, für die Kampfführung, die derzeit im Gazastreifen betrieben wird“.
Wadephul ergänzte: „So lassen wir uns politisch auch als deutsche Bundesregierung bei aller Schwierigkeit, die dort besteht, nicht unter Druck setzen und in eine Position bringen, dass wir zu einer Zwangssolidarität gezwungen werden. Die wird es in der Form nicht geben können.“ Wadephul kündigte an, der israelische Außenminister Gideon Saar komme demnächst zu einem Besuch nach Berlin.
Zuletzt hatte bereits Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) deutliche Kritik am militärischen Vorgehen Israels im Gazastreifen geäußert. Gestern bekräftigte er seine Vorwürfe. „Wir sind bestürzt über das Schicksal und das furchtbare Leiden der Zivilbevölkerung“, sagte Merz im finnischen Turku. Er sehe „sehr, sehr kritisch, was da in den letzten Tagen geschehen ist“.
In Israel wurde Merz‘ Vorstoß aufmerksam – und nicht nur ablehnend – aufgenommen. Die Regierung werde sich mit den kritischen Worten auseinandersetzen, versicherte der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, im ZDF. „Wenn Friedrich Merz diese Kritik gegenüber Israel erhebt, dann hören wir sehr gut zu, weil er ein Freund ist.“ Auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, äußerte Verständnis für die Aussagen des Kanzlers.
Unterdessen hat eine von Israel und den USA unterstützte Stiftung eigenen Angaben zufolge erste Hilfsgüter an Palästinenser im Gazastreifen verteilt. Laut einer Mitteilung der Gaza Humanitarian Foundation (GHF) soll die Hilfe täglich gesteigert werden. Mit der von den USA unterstützten Verteilstrategie will die israelische Regierung nach eigenen Angaben verhindern, dass die Hamas Lieferungen stiehlt und Geld damit macht.
Ein Vertreter jeder palästinensischen Familie solle alle fünf Tage zu einem der Zentren gehen, um ein Hilfspaket abzuholen, hieß es. Die Vereinten Nationen und Hilfsorganisationen, die eine Beteiligung ablehnten, halten dies für zu gefährlich und wenig effektiv. Das von der Hamas kontrollierte Innenministerium rief die Einwohner des Gazastreifens dazu auf, den Verteilmechanismus zu boykottieren. Die Hamas hatte behauptet, es handle sich um eine nachrichtendienstliche Operation.