Eskalation vor den Verhandlungen

von Redaktion

Schwerer Gegenschlag: Ein entgleister Zug nach einem Brückeneinsturz in der russischen Region Brjansk. Hier sollen sieben Menschen gestorben sein. © HANDOUT/afp

München – Solche Nachrichten gab es seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine nur sehr selten. Der ukrainische Geheimdienst SBU hat in einer koordinierten Aktion gleich vier russische Militärflughäfen attackiert und dabei nach eigener Darstellung über 40 Kampf- und Aufklärungsflugzeuge zerstört. Dabei wurde sogar ein Flughafen im sibirischen Irkutsk attackiert, wie auch russische Medien bestätigten. Letztere machten allerdings keine Angaben zu den zerstörten Maschinen.

Nach ukrainischen Angaben wurden bei der „Aktion Spinnennetz“ Kampfflugzeuge vom Typ Tupolew Tu-95 sowie Tu-22 und spezielle Frühwarnflugzeuge Berijew A-50 zerstört. Offenbar setzte der ukrainische Geheimdienst Kampfdrohnen ein, die von Verstecken in Holzhäusern gestartet wurden, die auf Lastwagen verladen waren.

Damit setzten sich am Sonntagnachmittag die ukrainischen Gegenstöße fort. Bereits in der Nacht zu Samstag wurde in einem von russischen Truppen kontrollierten Teil des Gebiets Saporischschja nach Angaben des Kiewer Militärgeheimdienstes ein Güterzug gesprengt. Ein Zug mit Treibstofftanks und Güterwagons sei infolge einer Explosion entgleist. Es habe sich um einen Militärzug gehandelt, der in Richtung der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim unterwegs gewesen sei. Durch die Explosion sei eine wichtige logistische Verkehrsader des russischen Militärs in den besetzten Gebieten der Region Saporischschja und der Krim unterbrochen worden.

In der Nacht zu Sonntag gab es dann zwei weitere Vorfälle: In den an die Ukraine grenzenden Gebieten Kursk und Brjansk entgleisten zwei Züge nach Brückeneinstürzen. Während Alexander Chinschtejn, Gouverneur der monatelang teils von ukrainischen Truppen besetzten Region Kursk, lediglich von einem Verletzten sprach, waren die Folgen in Brjansk deutlich schwerer. Dort kamen laut Gouverneur Alexander Bogomas sieben Menschen ums Leben, etwa 70 wurden verletzt. Er bestätigte Berichte über eine Explosion der Brücke. Das Ermittlungskomitee stufte die Brückeneinstürze als Terrorakt ein.

Die Aktionen können als Reaktion auf die verschärften russischen Angriffe im Osten der Ukraine gewertet werden. Die beidseitigen Attacken ereignen sich kurz vor der Fortsetzung direkter Gesprächen über eine mögliche Beendigung des Krieges. „Am Montag wird unsere Delegation von (Verteidigungsminister) Rustem Umjerow geleitet“, erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Das Treffen soll wie die erste Runde vor zwei Wochen in Istanbul stattfinden.

Er habe die ukrainische Position für das Treffen festgelegt, erklärte Selenskyj: eine vollständige und bedingungslose Waffenrufe, die Freilassung Gefangener und die Rückkehr entführter Kinder. Außerdem sollte das Treffen auf höchster Ebene vorbereitet werden, um einen verlässlichen und dauerhaften Frieden zu schaffen und Sicherheit zu gewährleisten.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte am Mittwoch die neue Gesprächsinitiative annonciert. Die russische Delegation sei bereit, dem ukrainischen Team ein Memorandum vorzustellen, sagte er. Das Papier lege die russische Position zu „allen Aspekten einer zuverlässigen Überwindung der Grundursachen der Krise“ dar. In der Regel ist das die Umschreibung für Moskaus Maximalforderungen an die Ukraine, die einer Kapitulation gleichkommen.

Moskau und Kiew unterscheiden sich insgesamt in ihrer Herangehensweise an die Verhandlungen. Die Ukraine will erst eine Waffenruhe, um dann über Frieden zu verhandeln. Die russische Seite lehnt eine bedingungslose Waffenruhe indes ab.

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