KOMMENTARE

Bayerns Politik braucht neue Ideen

von Redaktion

Nach der Kabinettsklausur

Der Dialekt hat das richtige Wort dafür: Bayerns Landespolitik ist lätschert geworden. Also: nicht schlecht, nicht falsch, aber eben etwas antriebslos und matt. Jetzt, wo sich in Berlin endlich eine neue, eine hoffnungsvolle Regierung formiert hat, fällt das immer stärker auf: Die Staatsregierung braucht einen neuen Aufbruch. Es rollen große Krisen an!

Die Bedingungen für Bayern haben sich dramatisch geändert, in erster Linie nicht durch Fehler der Landespolitik. Der Wirtschaftseinbruch schlägt mit Wucht dort ein, wo viel gearbeitet wurde. In industriellen Zentren Frankens und bei Autozulieferern bayernweit haben brutale Einschnitte begonnen. Gleichzeitig reißen Milliardenlöcher im Haushalt auf, die Rücklage reicht kaum noch. Das ist kein abstraktes Dilemma, sondern ein dickes Problem, wenn zum Beispiel Fördertöpfe für Wohnungsbau leer sind – und das, wo trotz vieler Versprechen zehntausende Wohnungen fehlen; Kita-Plätze übrigens auch.

Die Landespolitik reagiert – eben noch zu lätschert. Das beginnt bei der Leitfrage Geld. Im Monatstakt lässt der Finanzminister einen Sparappell los, ist halt sein Job; in der Realität steuert Bayern voll auf neue Schulden zu, ohne es zuzugeben und unter Umgehung der eigenen Verfassung. Spätestens im Herbst fällt auch dieses Stoiber-Erbe. Das wäre befristet vertretbar, gäbe es dazu ein Gesamtkonzept aus hartem Sparkurs, donnerndem Bürokratieabbau, wuchtigen Investitionen. Bisher liefert die Staatsregierung aber von allem nur ein bisschen; wobei die wirklich starke Hightech-Agenda noch der klügste Part ist: Rüstungs-Arbeitsplätze, Raumfahrt, Hightech machen Hoffnung. Viele andere Politikfelder sehen eher nach Durchwursteln aus: wenig anecken, hier und da ein paar Millionen draufgießen, bald auf Pump. Die Kabinettsklausur gestern gab auch kein Aufbruchsignal.

Ein Ruck wäre recht. Nötig wäre ein stärkerer Bayern-Fokus der CSU – gerade jetzt, wo Berlin besser aufgestellt ist und wieder Partner sein kann statt Dauer-Watschnsepp. Mehr Mut! Mehr Ehrlichkeit zu Unbequemem! Brennen für Visionen! Das reicht übrigens auch viel weiter als die alte Oppositionsleier, sich über Markus Söders Essens-Posts lustig zu machen. Er schafft damit Reichweite, erreicht andere Schichten. Gut so. Das Problem dahinter: Die Tweets, sein hoher Fleiß, die bundesweit mit Neid verfolgte Medienpräsenz und das Gewicht in Berlin ersetzen nicht die nötigen neuen Bayern-Ideen und das Mühsal, aus Schlagzeilen Ergebnisse zu machen.

Söder übernahm das Land 2018 mit viel Schwung und viel Geld. Das Geld ist jetzt weg, doch den Schwung müssen er, seine Minister und Abgeordneten neu aufbringen für die nächsten Jahre. Sie wissen: Kasse leer, Krise kommt, und die CSU liegt jetzt schon klar unter 40 – das ist eine gefahrgeneigte Lage. Fürs Umdenken, Neuerfinden ist jetzt, drei Jahre vor der Landtagswahl, das richtige Zeitfenster.
CHRISTIAN.DEUTSCHLAENDER@OVB.NET

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