Wer mag, kann eine gute Portion Karl Valentin durchhören. Peter Inselkammer, Sprecher der Münchner Wiesn-Wirte, sinniert über die kommende Bierpreis-Erhöhung und sagt: „Wir tragen dazu bei, dass die Wirtschaft wächst.“ Die Mass wird heuer nämlich im Schnitt drei Prozent teurer: macht bei gleichem Durst der Gäste dann auch drei Prozent mehr Umsatz. Natürlich lächelt Inselkammer bei seinem Satz schelmisch, weil das jetzt nicht der Beginn der ewig-verbissenen Debatte über den Gewinn der Wirte werden soll.
Diese Debatte ist vielleicht auch gar nicht nötig – zumal es in Sachen Wiesn-Zahlen vielleicht ohnehin noch eine wichtigere Erkenntnis als die Preisentwicklung gibt. Die neueste Analyse der Stadt zeigt, dass die überwiegende Mehrheit der Wiesn-Gäste aus München selbst und aus dem direkten Umland stammt. Eine (anonymisierte) Auswertung von Handy-Daten hat ergeben: An einem durchschnittlichen Bierzelt-Tisch sind sieben Plätze von Leuten besetzt, die mit der S-Bahn oder dem Regionalzug anreisen können – und der Achte kommt auch noch aus Bayern.
Das ist eine erfreuliche Botschaft. Nicht etwa deshalb, weil die Münchner keine Gäste aus der Ferne mögen (das Gegenteil ist der Fall) – sondern deshalb, weil es zeigt, dass das Oktoberfest keine exklusive Veranstaltung für zahlungskräftige Touristen ist. Es ist nach wie vor ein Fest der Münchner und der Bayern – bewiesen durch Zahlen.
Damit geht allerdings auch Verantwortung einher: Der valentineske Beitrag zum Wirtschaftswachstum funktioniert nicht unbegrenzt. Weder bei den Preisen noch bei den Besucherzahlen ist ein „Immer mehr“ auch ein „Immer besser“. Dass der neue Wiesn-Chef Christian Scharpf nicht auf Rekord-Jagd gehen will, ist deshalb richtig. Damit verbunden ist ein Auftrag an alle Beteiligten: Entscheidungen, die die Wiesn betreffen, dürfen sich nicht nur an Zahlen ausrichten, sondern am Kern-Publikum, an uns normalen Bayern. Wenn das der Fall ist, dann werden die Zahlen ohnehin auch weiter stimmen.
ULRICH.HEICHELE@OVB.NET