Konfrontation in Los Angeles: Eine Demonstrantin mit Skateboard tut Polizisten ihren Unmut über Donald Trumps Migrationspolitik kund. © Ringo Chiu/AFP
Los Angeles/Washington – Die Proteste in den USA gegen die Einwanderungspolitik von Präsident Donald Trump weiten sich aus. Nach den Demonstrationen in Los Angeles mit hunderten Teilnehmern gingen auch in San Francisco Menschen auf die Straße. In New York versammelten sich Medienberichten zufolge dutzende Menschen in der Lobby des Trump Towers. Wie der Sender CBS News berichtete, skandierten sie „Bringt sie zurück“, offenbar in Anspielung auf Abschiebungen von Migranten. Auch im kalifornischen Santa Ana, in Austin und Dallas (Bundesstaat Texas), Atlanta (Georgia) und Louisville (Kentucky) gab es nach Berichten von US-Medien Proteste. Diese seien weitgehend friedlich verlaufen, dennoch sei es zu einzelnen Zusammenstößen und dutzenden Festnahmen gekommen.
Seit Tagen demonstrieren Menschen in Los Angeles gegen Trumps harten Migrationskurs. Am Montag war die Polizei laut US-Medien wieder teils mit Tränengas und Gummigeschossen gegen die Protestler vorgegangen. Trotz einiger Zwischenfälle schien es bei den Kundgebungen aber insgesamt weniger Zusammenstöße zwischen Polizei und Demonstranten gegeben zu haben, wie die „New York Times“ schrieb.
Verstärkte Einsätze der Einwanderungsbehörde ICE hatten Ende vergangener Woche erste Proteste ausgelöst. Nach Behördenangaben wurden bei den Razzien dutzende Menschen festgenommen. Kritiker werfen Trumps Regierung vor, mit martialisch anmutenden Maßnahmen gezielt Angst zu schüren.
US-Heimatschutzministerin Kristi Noem betonte im Sender Fox News dagegen, die ICE-Mitarbeiter setzten mit Unterstützung der Nationalgarde genau das um, was Trump versprochen habe – nämlich, das größte Abschiebeprogramm in der amerikanischen Geschichte zu starten.
Trump will die Proteste nicht tolerieren: Zuletzt hatte das US-Verteidigungsministerium auf Anweisung des Republikaners 2000 zusätzliche Soldaten der Nationalgarde für den Einsatz in der Westküstenmetropole und 700 Marineinfanteristen der regulären Streitkräfte mobilisiert. Bereits am Wochenende hatte Trump in einem höchst ungewöhnlichen und umstrittenen Schritt 2000 Nationalgardisten mobilisieren lassen. Nach jüngsten Militärangaben befinden sich aktuell ungefähr 1700 Nationalgardisten im Raum Los Angeles.
Damit übernahm erstmals seit Jahrzehnten ein US-Präsident die Kontrolle über die Nationalgarde eines Bundesstaates ohne Zustimmung des dortigen Gouverneurs. Trump verteidigte den Einsatz von Soldaten bei den Protesten. „Wenn ich die Soldaten in den vergangenen drei Nächten nicht nach Los Angeles geschickt hätte, würde diese einst schöne und großartige Stadt jetzt bis auf den Grund niederbrennen“, erklärte er.
Mittlerweile schließt er nicht mal mehr aus, auf noch weitreichendere präsidiale Befugnisse zurückzugreifen. Auf die Frage, ob er ein Aufstandsgesetz zum Militäreinsatz im Inland, das als „Insurrection Act“ bekannt ist, anwenden würde, antwortete er gestern im Weißen Haus: „Wenn es einen Aufstand gibt, würde ich mich auf jeden Fall darauf berufen. Wir werden sehen.“ Eine Anwendung des „Insurrection Act“ wäre Fachleuten zufolge notwendig, damit die Nationalgarde und die Marineinfanteristen weitgehendere Befugnisse hätten und auch Festnahmen oder Razzien durchführen könnten.
Der demokratische Gouverneur Kaliforniens, Gavin Newsom, warf Trump dagegen „Machtmissbrauch“ vor und sprach von „gestörten“ Fantasien eines „diktatorischen Präsidenten“. Newsom kritisierte zudem, die ersten 2000 Nationalgardisten hätten weder Essen noch Wasser bekommen.
Die Bürgermeisterin von Los Angeles, Karen Bass, sieht in Trumps Vorgehen eine Art „Testfall“. Washington wolle sehen, „was passiert, wenn die Bundesregierung eingreift und dem Bundesstaat oder der Stadt die Entscheidungsmacht wegnimmt“.