Parlament spricht Tusk Vertrauen aus

von Redaktion

Polens Ministerpräsident kann weitermachen, muss aber mit Präsidenten-Widerstand rechnen

Geschafft: Donald Tusk bleibt nach der gewonnenen Parlaments-Abstimmung Regierungschef. © Radwanski/AFP

Warschau – Polens proeuropäischer Ministerpräsident Donald Tusk kann aufatmen: Seine Mitte-Links-Regierung hat eine Vertrauensabstimmung im Parlament überstanden. Nach einer gut sechsstündigen Debatte sprach eine Mehrheit von 243 der 453 anwesenden Abgeordneten Tusks Kabinett das Vertrauen aus, dagegen stimmten 210. Das Votum ändert aber nichts daran, dass sich in Polen ein Richtungsstreit zwischen dem neuen Präsidenten Karol Nawrocki und der Regierung anbahnt.

Der Rechtskonservative Nawrocki hatte die Präsidentenwahl am 1. Juni gegen den Kandidaten aus dem Lager von Tusk gewonnen. Er ist parteilos, wird aber von der oppositionellen PiS unterstützt und hat angekündigt, dass sich Tusk auf „harten Widerstand“ einstellen kann. In Polen kann der Präsident neue Gesetze mit einem Veto blockieren.

Tusk hatte die Abstimmung angesetzt, weil er sichergehen wollte, dass alle Koalitionspartner hinter ihm stehen. „Ich bitte um ein Vertrauensvotum, weil ich die Überzeugung, den Glauben und die Gewissheit habe, dass wir das Mandat haben, zu regieren und die volle Verantwortung für das zu übernehmen, was in Polen geschieht“, sagte Tusk in seiner Regierungserklärung. Das Regieren werde schwerer, er werde aber nicht kapitulieren.

Dass die Zeichen auf Konfrontation stehen, machten die PiS-Abgeordneten gestern deutlich: Während Tusks Rede waren die meisten von ihnen nicht im Plenarsaal. „Wir wollen nicht an Tusks PR-Aktion teilnehmen“, sagte Fraktionschef Mariusz Blaszczak. Später thematisierten die PiS-Leute so häufig Tusks angebliche Deutschland-Hörigkeit, dass dieser irgendwann entnervt rief: „Auch eine Obsession mit anderen Nationalitäten kann man behandeln lassen!“

In seiner Rede zog Tusk eine Bilanz seiner bisherigen Regierungszeit. Sein Land, sagte er, stehe wirtschaftlich hervorragend da. Auch betonte er, dass es gelungen sei, die Grenze zu Belarus – eine EU-Außengrenze – weiter zu befestigen, um irreguläre Migration zu stoppen. Polen sei außerdem „in die Extraklasse der Weltpolitik zurückgekehrt“.

Im Juli will er sein Kabinett umbilden. „Es wird sicher auch neue Gesichter geben.“ Auch solle ein Regierungssprecher die Politik besser kommunizieren. Nach der Niederlage von Tusks politischem Mitstreiter Rafal Trzaskowski bei der Präsidentenwahl war die unzureichende Informationspolitik der Regierung kritisiert worden. Auch hieß es, Tusk sei bei vielen Themen zu zögerlich. Das lag aber auch an Noch-Präsident Andrzej Duda aus den Reihen der PiS, der viele Gesetzentwürfen bislang blockiert. Nawrocki, der sein Amt am 6. August antritt, dürfte mit noch größerer Härte vorgehen.

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