Massaker in Nigeria: 6500 Menschen auf der Flucht

von Redaktion

Jahrelanger Konflikt eskaliert – Viehhirten töten mehr als 200 christliche Dorfbewohner

Katholische Mädchen am Karfreitag in Lagos. Christen in Nigeria sind oft Opfer von gezielter Gewalt. © IMAGO

Abuja – Während die Kriege in Nahost und der Ukraine die Weltpolitik beherrschen, eskaliert in Nigeria ein Konflikt, der international wenig Beachtung findet: In dem bevölkerungsreichsten Staat Afrikas sind bei einem Massaker mehr als 200 Menschen getötet worden. Mehr als 6500 Menschen sind auf der Flucht, teilte die nationale Katastrophenschutzbehörde Nema mit. Viele der Vertriebenen bräuchten dringend Lebensmittel, Trinkwasser, medizinische Versorgung und andere Hilfsgüter.

Der Angriff ereignete sich in der Nacht auf Samstag im Ort Yelwata, der im Bundesstaat Benue im Zentrum des Landes liegt. Bewaffnete Viehhirten stürmten das Dorf, schlossen Bewohner in ihren Häusern ein und zündeten diese an. Laut Amnesty International verbrannten viele Familien in ihren Schlafzimmern. Dem Vatikan zufolge sind die meisten Opfer Binnenvertriebene, die zuvor in einer katholischen Mission Zuflucht gefunden hatten. Papst Leo XIV. sprach von einem „furchtbaren Massaker“, bei dem Menschen mit „extremer Grausamkeit“ getötet worden seien.

Präsident Bola Tinubu verurteilte die Gewalt als unmenschlich und fortschrittsfeindlich. Er forderte die Sicherheitsbehörden zu entschlossenem Handeln auf. Dabei kam er vor zwei Jahren mit dem Versprechen an die Macht, die Sicherheitsprobleme Nigerias anzugehen. Amnesty International kritisierte die Regierung dafür, nicht ausreichend etwas gegen die Gewalt zu unternehmen.

Der Konflikt im Zentrum Nigerias schwelt seit Jahren. Nomadisch lebende Viehhirten und sesshafte Bauern konkurrieren um fruchtbares Weide- und Ackerland. Die Bauern bekennen sich überwiegend zum Christentum, während die Hirten der ethnischen Gruppe der Fulani angehören und Muslime sind. Deshalb wird oft von Auseinandersetzungen zwischen Christen und Muslimen gesprochen – wobei verschiedene Experten da widersprechen.

Der Klimawandel wird in Nigeria zunehmend als Konflikttreiber wahrgenommen. Wegen knapper werdender Weideflächen müssen Hirten weiter in Richtung Süden ziehen, was zu Auseinandersetzungen führt. Lassen sich Flächen nicht mehr bebauen, fehlen Jobs; gleichzeitig verschlechtert sich die Versorgungslage.

In Benues Hauptstadt Makurdi gingen am Sonntag zahlreiche Menschen auf die Straße. Vor allem Jugendliche protestierten gegen die ausbleibende Sicherheit und kritisierten Gouverneur Hyacinth Iormem Alia – den ersten katholischen Priester in Nigeria, der ein so hohes Amt bekleidet. Für viele in der Region kam der Angriff nicht überraschend. „Wir sind nicht komplett geschockt. Hier werden täglich Menschen ermordet“, sagt etwa Remigius Ihyula, Direktor des Caritas-Komitees für Gerechtigkeit, Entwicklung und Frieden der Diözese Makurdi. Laut Amnesty International wurden allein in den ersten beiden Jahren der Amtszeit Tinubus mindestens 6896 Menschen in Benue getötet.EPD/AFP

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