Der Eiertanz um das D-Wort

von Redaktion

Merz und die „Drecksarbeit“

Die Inbrunst, mit der die halbe Republik sich über das angeblich böse D-Wort erregt, würde man sich lieber für politische Inhalte wünschen. „Drecksarbeit“ nennt Friedrich Merz Israels Militärschläge gegen den Iran, ein dreckiger Begriff für einen hässlichen Vorgang. Der Kanzler hat damit aber sehr einprägsam den richtigen Sachzusammenhang für eine breite Mehrheit verständlich gemacht: Wenn Israel verhindert, dass der Iran eine einsatzfähige Atombombe baut, wird die Welt dadurch sicherer.

Merz neigt zu harten, provokanten Formulierungen. Man denke an seine „kleinen Paschas“. Er eckt an damit, verstört aber die Berliner Politikblase erheblich mehr als die normalen Bürger. Denn er hat meistens Recht mit dem Problem, das er benennt.

Viele Politiker und Teile der Medien entfremden sich von den Menschen, wenn sie sich verzetteln in Stil-Debatten und Floskeln zur Einhaltung politischer Korrektheit. Dieses glattgespülte Politikergesülze, diese künstliche Aufregung, wenn jemand „Indianer“ sagt, dieses bewusste Missverstehen, wenn am niederbayerischen Aschermittwoch mal grober geholzt wird – das nervt die Leute. Sehr. Die Mehrheit in unserem Land hat ein Gespür dafür, wo die Grenzen gezogen werden müssen zu Beleidigung, Diskriminierung, verbaler Gewalt, und sie wissen, dass Sprache nicht verrohen darf.

Merz – für Politiker der Mitte ungewöhnlich – bewegt sich auf diesem Grat. Dass er Klartext redet statt gestanzter Formeln, ist vielleicht riskant. Irgendwann wird ihm ein Satz mal spontan total verrutschen. Trotzdem: Prägnant und bürgernah zu reden, verstanden zu werden, ersetzt politische Inhalte natürlich nicht, aber es ist ein Schlüssel dafür, dass der Regierungschef erodiertes Vertrauen in die Demokratie zurückholen kann. CHRISTIAN.DEUTSCHLAENDER@OVB.NET

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