Frust im Weißen Haus: Donald Trumps Hoffnung auf einen umfassenden PR-Erfolg vor dem Nato-Gipfel hat sich nicht erfüllt. © AFP
München/Washington – Donald Trump liebt die großen Ankündigungen. Immer dann, wenn er sich im Scheinwerferlicht brüsten kann, nimmt er diese Gelegenheit auch gerne wahr. Nicht überraschend also, dass er es ist, der die ausgehandelte Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran verkündet. In gewohnter Manier und in Großbuchstaben schreibt er erst auf seinem Sozialen Netzwerk Truth Social: „GRATULATION WELT, ES IST ZEIT FÜR FRIEDEN!“ Zwei Stunden später wird der US-Präsident konkreter. Es sei eine vollständige Waffenruhe zwischen Israel und Iran vereinbart worden, erklärt er in der Nacht auf Dienstag.
Innerhalb von 24 Stunden soll diese Waffenruhe vollzogen werden. Er beglückwünscht beide Länder, bekräftigt, dass man künftig von einem „12-Tage-Krieg“ sprechen soll. Nachdem der Iran als Vergeltungsaktion für den US-Angriff auf die iranischen Atomanlagen die US-Luftwaffenbasis Al-Udeid in Katar angegriffen hat, kommt Trumps Friedensankündigung fast schon überraschend.
Dahinter steckt allerdings ein diplomatischer Drahtseilakt, mit Katar als Vermittler. Nach eigenen Angaben hat die Regierung in Doha Kontakt mit dem Mullah-Regime in Teheran aufgenommen – auf Wunsch der USA. Nach mehreren Telefonaten konnte Trump dann die Waffenruhe offiziell verkünden, die Kriegsparteien verhielten sich vorerst still.
Erst am Dienstagmorgen gibt Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dann bekannt, alle Kriegsziele seien erreicht worden – sogar eigentlich „noch viel mehr“. Konkret sei das iranische Nuklear- und Raketenprogramm beseitigt worden. Als weiteren Erfolg wertet Israels Armee auch, dass „die vollständige Lufthoheit über Teheran erlangt, die militärische Führung schwer getroffen und Dutzende zentrale Regierungsziele im Iran zerstört“ wurden, wie es in einer Mitteilung heißt.
Klar ist: Die nukleare Infrastruktur wurde massiv zerstört, Trump spricht von einem „ausgelöschten“ Atomprogramm. Ob das angereicherte Uran aber wirklich Geschichte ist, bleibt bislang unklar. Atom-Experten geben zu bedenken, dass das zu 60 Prozent angereicherte Uran als Pulver in kleinen Behältern aufbewahrt werden kann und so leicht mit dem Auto transportiert werden könnte. Die Führung in Teheran gibt sich kämpferisch, bleibt bei ihrer ganz eigenen Erzählung, Israel sei dazu gezwungen worden, „seine Niederlage zu akzeptieren“. Das Atomprogramm werde wiederaufgenommen. Laut einem Berater des geistlichen Oberhauptes Ayatollah Ali Chamenei gebe es noch Uran-Vorräte. Das „Spiel“ sei „noch nicht vorbei“.
An solchen Drohungen hängt die fragile Waffenruhe zwischen den beiden Erzfeinden. Beide Länder warfen sich am Dienstag vor, gegenseitig das frische Abkommen bereits gebrochen zu haben. So meldete Israel zwei abgefangene iranische Raketen. Verteidigungsminister Israel Katz kündigte daraufhin Vergeltung an. Er habe die Armee angewiesen, „mit kraftvollen Angriffen gegen Ziele des Regimes im Herzen von Teheran zurückzuschlagen“. Der Iran dementiert, ehe am Abend Staatspräsident Massud Peseschkian angekündigt, man sei bereit, „am Verhandlungstisch“ über eine künftige friedliche Nutzung von Atomenergie zu reden.
Die Spirale aus Vorwürfen scheint vor allem einen gründlich auf die Palme zu bringen: Donald Trump. Seine so öffentlichkeitswirksame Friedensankündigung droht im Kriegsgeschehen zu verpuffen – ausgerechnet vor dem Nato-Gipfel in Den Haag. Erst erklärt er deswegen noch verhalten, beide Seiten würden sich nicht an die Waffenruhe halten. Dann aber fährt er vor laufender Kamera aus der Haut. Israel und der Iran hätten „so lange und hart“ miteinander gekämpft, sagt er. Und er verstehe nicht „was zur Hölle (engl.: what the fuck) sie tun“.