Ist bester Laune: Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat seinen Haushaltsplan vorgestellt. © Kay Nietfeld/dpa
München – Der Stolz ist ihm anzumerken. Die Verhandlungen, das lässt Lars Klingbeil (SPD) durchblicken, waren hart – schon wegen der Sonderwünsche, die er den Ministerkollegen ausreden musste. Knapp 50 Milliarden Euro Ausgaben habe er abgewehrt, sagt er, jetzt sei er froh, dass der Haushalt stehe. Und das nach nur 49 Tagen im Amt, flicht der Finanzminister noch ein. „Das war ja nicht immer so.“
Der Hinweis auf das Haushaltsgewürge der Ampel ist unmissverständlich – es ist nicht der einzige an diesem Vormittag. Klingbeil ist gut aufgelegt, gerade hat das Kabinett seinen ersten Haushaltsplan gebilligt, jetzt stellt er ihn vor. Rekordschulden, Rekordinvestitionen, im Groben ist das alles bekannt. Klingbeil garniert das mit einer Botschaft: Er wolle „Investitionsminister“ sein, sagt er, denn nichts sei so teuer wie der bisherige Stillstand. „Die schwarze Null ist für mich kein Wert an sich, wenn dabei Brücken und Schulen vergammeln und die Bundeswehr vernachlässigt wird.“
Sollte noch ein Hauch von Christian Lindner durch das Finanzministerium geweht haben, ist er seit gestern also endgültig verflogen. Das gilt nicht nur im Inhalt – sondern auch im Stil. Während Lindner als Ressortchef immer wieder den Kanzler konsultierte, sollen Klingbeil und sein Team den Haushalt mehr oder weniger im Alleingang aufgestellt haben. Bequem für Kanzler Friedrich Merz (CDU), der sich derweil um all die anderen Baustellen kümmern konnte.
Die Zahlen, die der SPD-Mann vorlegt, haben es allerdings in sich. Sein Plan sieht für dieses Jahr Ausgaben in Höhe von 503 Milliarden Euro vor, insgesamt 28,8 Milliarden mehr als im Vorjahr. Bis zum Ende der Legislatur 2029 soll der Haushalt dann auf 573,8 Milliarden Euro anwachsen.
Das lässt sich mit Klingbeil positiv deuten. Die Bundeswehr bekommt endlich die dringend benötigten Milliarden: Allein in diesem Jahr wächst der Verteidigungshaushalt um rund zehn auf 62,4 Milliarden Euro; 2029 sollen es dann gigantische 152,8 Milliarden Euro sein, was dem neuen Nato-Ziel von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts entspricht. Auch Investitionen des Bundes in Straßen, Digitalisierung, Krankenhäuser und so weiter sollen nun schnell in Gang kommen: Für 2025 sind 115,7 Milliarden Euro eingeplant und damit 40 Milliarden mehr als 2024. Ab Januar sollen außerdem die Energiepreise sinken, für Unternehmen und Verbraucher.
Die Kehrseite: Der Staat muss dafür enorme Schulden aufnehmen – und die Zinsen dürften zur Belastung werden. Dieses Jahr sollen Klingbeil zufolge im Kernhaushalt 81,8 Milliarden Euro aus Krediten finanziert werden. Dazu kommen gut 60 Milliarden Euro aus schuldenfinanzierten Sondertöpfen. Ab 2028 geht die Neuverschuldung steil nach oben (115,7 Milliarden), weil dann das Bundeswehr-Sondervermögen ausläuft und die Verteidigungsausgaben komplett aus dem Kernhaushalt finanziert werden müssen. Insgesamt bedeuten mehr Schulden, dass der Staat auch mehr Zinsen wird zahlen müssen. Bis 2029 summieren sie sich auf 215 Milliarden Euro.
Noch etwas kommt dazu: Trotz der hohen Neuverschuldung klaffen in Klingbeils Plan gewaltige Lücken. Laut „Handelsblatt“ sollen von 2027 bis 2029 rund 144 Milliarden Euro fehlen – unter anderem eine Folge der Zinsen.
Klingbeils Vorgänger Lindner würde bei solchen Zahlen schwindlig werden. Auch die jetzige Opposition ist unzufrieden, wenn auch aus sehr verschiedenen Gründen. FDP-Chef Christian Dürr kritisiert die hohen Zinsen, Linken-Haushälter Dietmar Bartsch warf der Regierung „Maßlosigkeit“ bei den Verteidigungsausgaben vor. Die Grünen wittern gar „Haushaltstricksereien“. Von den Investitionsmilliarden gingen viel weniger in die Infrastruktur, als Schwarz-Rot versprochen habe, sagte Parteichefin Franziska Brantner. Auch das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln kritisiert mit Blick auf die Milliardenlücke, die Planung stehe „nicht auf sicheren Füßen“.
Klingbeil sieht das anders. Jetzt sei der richtige Zeitpunkt, das Geld in die Hand zu nehmen, sagt er am Dienstag und verspricht: „Ich werde sehr darauf achten, dass das Geld effizient ausgegeben wird.“