Holetschek: Vorwürfe gegen Spahn „verlogen“

von Redaktion

CSU-Fraktionschef kritisiert „Tonalität“ der Kritik an Maskenkäufen – Bericht heute im Ausschuss

Jens Spahn (CDU) war in Corona-Zeiten Gesundheitsminister und ist heute Unionsfraktionschef. © Kappeler/dpa

München/Berlin – Wenn heute der Haushaltsausschuss im Bundestag über den Bericht zur Maskenbeschaffung in der Coronakrise berät, geht es vor allem um einen Mann: Jens Spahn. Der CDU-Politiker, der bei Ausbruch der Pandemie Gesundheitsminister war, ist heute als Unions-Fraktionschef im Bundestag politisch längst auf anderen Gebieten unterwegs. Doch weil sein Nachfolger als Gesundheitsminister, Karl Lauterbach (SPD), seine Parteifreundin Margaretha Sudhof mit der Aufarbeitung der Maskenbeschaffung beauftragt hat, holen die Geschehnisse von damals Spahn nun einmal mehr erfolgreich ein. Denn Sudhofs Bericht liegt vor, und wurde – nach einigem Hickhack um seine Veröffentlichung – den Ausschussmitgliedern gestern in leicht geschwärzter Fassung übermittelt.

Auf mehr als 170 Seiten, die auch unserer Zeitung vorliegen, wird Spahn unter anderem vorgeworfen, die Beschaffung nahezu vollständig an sich gerissen zu haben. Vom „Team ich“ ist zu lesen. Weiter heißt es in dem Bericht, dass Spahn damals der „funktionierenden Bundesverwaltung“ und den Beschaffungsbehörden nicht vertraut habe. So habe es keine „bedarfsgerechte Steuerung“ durch das Ministerium gegeben. „In der Folge wurde über den im Krisenstab festgelegten Bedarf hinaus beschafft.“ Die Konsequenz: Noch heute drohen dem Bund ausstehende Milliardenrisiken aus Rechtsstreitigkeiten.

Sudhof stellt darüber hinaus fest: „Die Fachebene des BMG (Bundesgesundheitsministeriums) versuchte durchaus, den Bundesminister davon zu überzeugen, dass mangels Expertise und Personal die Beschaffung nicht ins Haus geholt, sondern bei den Beschaffungsbehörden verbleiben sollte. Dies jedoch vergeblich. Der damalige Bundesminister intervenierte immer wieder persönlich und nutzte seine Kontakte“, heißt es.

Das Bundesgesundheitsministerium – mittlerweile geführt von Nina Warken (CDU) – distanziert sich allerdings inzwischen von dem Bericht. Man mache „sich die Aussagen der ,Sachverständigen Beraterin´ nicht zu eigen“, heißt es in einem Bericht des Ministeriums an den Haushaltsausschuss, in dessen Sitzung Spahn und Warken heute befragt werden sollen.

Auch aus Bayern kommt heftige Kritik. Wie im Nachhinein mit denen umgegangen werde, die in der Krise mutige Entscheidungen hätten treffen müssen, „das regt mich wahnsinnig auf“, sagt Klaus Holetschek, der im Januar 2021 – mitten in der Pandemie – in Bayern Gesundheitsminister wurde, unserer Zeitung. „Wenn wir so miteinander umgehen, finden wir niemanden mehr, der Verantwortung übernimmt“, sagt der CSU-Politiker, der heute die Fraktion im Landtag anführt.

Man möge ihn nicht falsch verstehen: „Natürlich dürfen und müssen Fehler angesprochen und aufgearbeitet werden, aber es kommt auf die Tonalität an“, sagt Holetschek. Getroffen würden schließlich nicht nur die handelnden Politiker, sondern auch die Mitarbeiter dahinter, die in der Krise teils „Übermenschliches geleistet“ hätten. Die Art und Weise, wie die Vorwürfe auch gegen Spahn vorgetragen würden, sei „fatalistisch und verlogen“. Denn wer damals in der Entscheiderrolle steckte, hätte keine Zeit gehabt „für juristische Kolloquien“, sagt Holetschek. „Die Gleichen, die sich jetzt als moralische Instanzen gerieren, hätten doch auch den Finger gehoben, wenn bei der Beschaffung zu zögerlich gehandelt worden wäre“, glaubt er. „Dann hätte es geheißen: Man muss in einer Krise doch auch mal unkonventionell handeln“. SEBASTIAN HORSCH

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