Familienfoto in Den Haag, unter anderem mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (v. li.), Nato-Chef Mark Rutte, Kanzler Friedrich Merz und US-Präsident Donald Trump. © Nietfeld/dpa
Den Haag – Da ist er wieder, der Vergleich mit den Schulkindern. „Sie hatten einen heftigen Streit, wie zwei Kinder auf dem Schulhof“, sagt Donald Trump. Kürzlich hatte der US-Präsident damit Russland und die Ukraine gemeint, diesmal sind es Israel und der Iran. „Lasst sie zwei, drei Minuten lang kämpfen. Dann ist es einfacher, sie zu stoppen.“ Neben ihm sitzt Nato-Generalsekretär Mark Rutte, lacht und nickt. Dann ballt er die Faust und sagt: „Dann muss Papa manchmal harte Worte verwenden.“
Papa Trump, König des Nato-Gipfels: In Den Haag hat sich alles um ihn gedreht. Um den US-Präsidenten (bei dem extra für ihn verkürzten Gipfel) bei Laune zu halten, gab es vor Beginn noch eine Charmeoffensive: „Donald, du hast uns wirklich zu einem sehr, sehr wichtigen Moment für Amerika, Europa und die Welt gebracht“, schrieb ihm der Niederländer Rutte per SMS. „Du wirst erreichen, was jahrzehntelang KEIN US-Präsident geschafft hat.“
Und tatsächlich: Unter Trumps Drängen hat sich die Nato verpflichtet, die Verteidigungsausgaben in beispielloser Weise anzuheben. Die Alliierten legten sich in der Abschlusserklärung ihres Gipfels in Den Haag auf das neue Ziel fest, spätestens ab 2035 jährlich fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Verteidigung und Sicherheit zu investieren – so viel wie seit dem Kalten Krieg nicht mehr. 3,5 Prozent sollen direkt in die Verteidigung und 1,5 Prozent in verteidigungsrelevante Infrastruktur fließen.
Die Erwartung der Alliierten ist klar: Im Gegenzug soll Trump künftig weder die Nato selbst noch die Verpflichtung, einem Partner im Falle eines Angriffs beizustehen, in Zweifel ziehen. Die Hoffnung könnte sich erfüllen. Der US-Präsident gab sich nach dem Gipfel jedenfalls beeindruckt und ließ durchblicken, dass er künftig zur Bündnistreue stehen wird. In Zukunft werde es funktionieren, „weil sie jetzt viel mehr zahlen“, sagte er über das Verhältnis zu den Partnern. „Wir sind hier, um ihnen zu helfen, ihr Land zu schützen.“ Er habe jetzt nicht mehr das Gefühl, dass die Europäer die USA abzockten.
Insgesamt nannte Trump den „fantastischen“ Nato-Gipfel einen „großen Erfolg“. Dass der Zusammenhalt des Bündnisses allerdings Grenzen hat, zeigte sich beim Thema Ukraine. Fast alle Europäer in der Nato stehen fest an der Seite der Kiews und wollen den Druck auf Russland erhöhen. Trump will nicht so klar Partei ergreifen und meint, dass Sanktionen der eigenen Wirtschaft schaden.
Anders als in den vergangenen Jahren gab es keine eigene Arbeitssitzung zum Ukraine-Krieg. Präsident Wolodymyr Selenskyj, der als Gast dabei war, hatte nur eine Nebenrolle. Immerhin: Es gab ein Gespräch mit Trump am Rande des Gipfels. Letzterer erklärte hinterher, es sei ein „sehr gutes Treffen“ gewesen, und lobte den Ukrainer: „Er kämpft einen sehr mutigen Krieg.“ Zudem versprach Trump, erneut mit Kreml-Chef Wladimir Putin über ein Ende des Kriegs zu sprechen. In der Gipfelerklärung beschränkt sich die Solidarität mit der Ukraine trotzdem auf den vagen Satz: „Die Verbündeten bekräftigen ihre dauerhaften einzelstaatlichen Zusagen zur Unterstützung der Ukraine, deren Sicherheit zu unserer Sicherheit beiträgt.“
Als kleinen Erfolg kann Selenskyj verbuchen, dass schriftlich festgehalten wurde, dass Nato-Staaten sich die militärische Unterstützung für sein Land auf ihre Verteidigungsausgaben anrechnen lassen können. Das wurde zuletzt auch schon so gehandhabt, die Ukraine befürchtete allerdings, dass sich das wegen Trumps Politik ändern könnte.
Im vergangenen Jahr hatte die Nato der Ukraine noch eine Hilfszusage im Umfang von 40 Milliarden Euro gegeben und versprochen, sie auf dem „unumkehrbaren Weg“ zur Nato-Mitgliedschaft zu unterstützen. Letztere Formulierung, die für die Ukraine extrem wichtig ist, ist nun ersatzlos entfallen.