KOMMENTARE

Maßhalten bei der Fehlersuche

von Redaktion

Masken-Vorwürfe gegen Spahn

Vermutlich gibt es nicht nur einen Satz, den der Vielredner Jens Spahn bereut. Bei diesem aber kann man sich recht sicher sein. „Wir werden einander viel verzeihen müssen“, hat der damalige Gesundheitsminister in der Corona-Pandemie gesagt. In der Folge schien es aber vor allem er zu sein, dem verziehen werden musste. Zunächst sah sein Haus schon nicht gut aus, als sich massenhaft Betrüger mit fingierten Schnelltests bereicherten. Und dann wurde schon im zweiten Pandemie-Jahr schnell klar, dass Spahn und seine Leute offenbar den Überblick über ihre Maskenkäufe verloren hatten. Viel zu viel, viel zu teuer. Der für manche schon natürliche nächste Kanzlerkandidat der Union schrumpfte rasch wieder auf Normalniveau zusammen. Politisch musste er sich danach neu erfinden – und tat das auch.

Fest steht: Spahn hat Fehler gemacht. Auch wenn es nachvollziehbar erscheint, als zuständiger Minister in einer unübersichtlichen und – aus damaliger Sicht – sehr gefährlichen Lage die Zügel in der Hand behalten zu wollen: Dass er die Maskenbeschaffung so sehr an sich zog, war aus dem Rückspiegel betrachtet einer davon. Und vermutlich ist er dabei durchaus auch der Versuchung erlegen, in der Krise eine Chance ganz speziell für seine eigene Karriere zu erkennen.

Doch in der Nachbetrachtung darf auch nicht vergessen werden, aus welcher Lage Spahn damals kam. Die ganze Welt jagte in der Hochphase 2020 Masken nach, und jeder hatte zu wenige davon. Geschichten machten die Runde von US-Geheimdienstmitarbeitern, die den Franzosen auf dem Rollfeld eines chinesischen Flughafens palettenweise Masken vor der Nase wegkauften, indem sie einfach den vierfachen Preis bar hinlegten. Das rechtfertigt nicht alles, erklärt aber manches.

Fünf Jahre ist es her, dass das Coronavirus die Welt überraschte und veränderte. Dass diese Zeit aufgearbeitet wird, ist schon deshalb richtig, damit Fehler im Ernstfall nicht ein zweites Mal begangen werden. Doch das darf nicht zum Tribunal über damalige Entscheidungsträger geraten, die sich – Stand heute – keinerlei persönliche Bereicherung oder Ähnliches vorzuwerfen haben. Die Forderung der Linken, Spahn müsse sich öffentlich entschuldigen und zurücktreten, ist deshalb eine Unverschämtheit.

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