Manche Dinge ändern sich offenbar nie: Die SPD darf, egal wie ihre Wahlergebnisse ausfallen, in Berlin mitregieren, hadert aber gleichzeitig mit sich, ihrem Programm und ihrem Spitzenpersonal. Das war schon unter Gerhard Schröder so, später mit Sigmar Gabriel oder Peer Steinbrück. Ab heute treffen sich die Genossen einmal mehr zum öffentlichen Wundenlecken. Und mit besonderer Aufmerksamkeit wird das Wahlergebnis von Lars Klingbeil (2023: 85,6 Prozent) erwartet, dem eine kleine Abrechnung droht.
Diese interne Zerrissenheit ist und bleibt das Hauptproblem der Genossen. Die sehr linken Jusos sind innerparteilich stark, verlangen aber einen Kurs, der mit einem eher pragmatischen Ansatz in Regierungsverantwortung kaum zu vereinbaren ist. Auf dem Parteitag dürfte das unter anderem bei der Wehrpflicht-Debatte zutage treten. Boris Pistorius, vor der Wahl noch Kanzlerkandidat der Herzen, will sie als Option im Wehrdienst-Gesetz verankern. Die Jusos lehnen das ab. Inhaltliche Debatten sind in einer Volkspartei normal, auch Flügelkämpfe hat es immer gegeben. Doch die Genossen streiten sich seit der Agenda 2010 über die grundsätzliche Ausrichtung. Bei der Migration entschieden sie sich für einen linken Kurs – und verloren Millionen Wähler, nicht zuletzt an die AfD. Mit dem Koalitionsvertrag zog man unter starker Führung von Lars Klingbeil die richtigen Lehren. Sein Ergebnis zeigt auch, ob ihm die Partei dabei folgt. Besser wäre es.
Eine Partei ohne starke Köpfe wird nicht gewählt. Politik ist zunehmend Stimmungen ausgesetzt, überzeugende Kandidaten sorgen da für regelrechte Höhenflüge: einst das Duo Habeck/Baerbock bei den Grünen oder Christian Lindner bei der FDP, aktuell Heidi Reichinnek bei der schon tot geglaubten Linken. Die CDU verlor 2021 dagegen wegen des schwachen Armin Laschet – und die SPD 2025 wegen Olaf Scholz.
Gut für die SPD: Die authentische Bärbel Bas, Aufsteigerin aus einfachen Verhältnissen, scheint eine überzeugende Nachfolgerin für die spröde Saskia Esken. Sie kann Klingbeil, sollte dessen Ohrfeige allzu heftig ausfallen, zur Seite springen. Dass sie unmittelbar vor dem Treffen ihre – für künftige Generationen teuren – Rentenpläne vorlegt, zeigt: Die Mechanismen geschickten Polit-Marketings hat sie verstanden. MIKE.SCHIER@OVB.NET