Neustart statt Grenz-Streit

von Redaktion

Österreichs Kanzler bei Merz

Es war kein Aufschrei, eher ein gequältes Stöhnen: Die Nachbarstaaten haben nicht klaglos, aber nur mittelschwer genervt hingenommen, dass Innenminister Dobrindt mit Zurückweisungen an den Grenzen begann. Auch Österreich fand sich murrend damit ab. Das ist wichtig, denn der wahre Dobrindt-Plan besagt ja nicht, die deutsche Grenze für Flüchtlinge dicht zu machen, das kriegt er physisch nicht hin. Sondern: Ziel ist, dass die Nachbarn nachziehen und ihrerseits die Süd- und Ostgrenzen sichern, dass also die rechtswidrige Durchwinkerei nach Deutschland endet. Im besten Fall entsteht ein Dominoeffekt bis zu einer hart gesicherten EU-Außengrenze.

Heute kommt nun Kanzler Stocker aus Wien zum Staatsbesuch zu Friedrich Merz, und alle werden genau diese Frage stellen. Dobrindt läuft ja die Zeit davon, um die Flüchtlinge ebenso wie die Menschen im Land zu überzeugen, dass ihm ernst ist. Die rechtliche Basis der Zurückweisungen ist wackelig, der Personalaufwand bei der Bundespolizei sehr hoch. Wie lange hält er das durch? Aus Merz‘ Sicht wäre ein konzilianter Stocker sehr willkommen, der nicht nochmal an den Zurückweisungen rüttelt. Hoffnung: Der ÖVP-Kanzler steht seinerseits für einen härteren Kurs und spürt daheim den Druck der FPÖ.

Das Verhältnis zu Wien war unter Merkel mäßig, unter Scholz schlecht; hinzu kam giftiger bayerisch-tiroler Transit-Ärger. Merz und Stocker sind beide wohl nicht die weltgrößten Charismatiker, aber ihr Treffen birgt die Chance auf einen ehrlichen Neustart. CHRISTIAN.DEUTSCHLAENDER@OVB.NET

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