Nachdenklich: Fraktionschefinnen Katharina Dröge (l.) und Britta Haßelmann. © dpa
Berlin – Hinterbutzelbach statt Berlin: Die Grünen-Fraktionsspitze will ihrer Partei das großstädtisch-elitäre Image nehmen und sie näher an den Alltag der Menschen im Land heranrücken. Allzu oft verfange das „Zerrbild der alltagsfernen Eilte-Partei“, schreiben Britta Haßelmann und Katharina Dröge in einem Papier, das unsere Zeitung vorliegt. „Das muss uns zu denken geben.“
Auf sieben Seiten versuchen sich die Autorinnen an einer Fehleranalyse; besonders aus dem Scheitern der Ampel-Koalition wollen sie Lehren für die Zukunft ziehen. „Der Alltag der Menschen ist genauso wichtig wie die Weltlage“, heißt es in dem Papier. Die Grünen würden bislang aber in erster Linie mit großen Themen wie Klimaschutz, Verteidigung, Krieg und Frieden verbunden. In Zukunft müsse klar sein: „Der Einsatz für gute Schulklos, günstige Schwimmbäder in heißen Sommern und für den Bus auf dem Land hat für uns Priorität.“
Die Grünen hatten bei der Bundestagswahl enttäuschende 11,6 Prozent geholt. Dröge und Haßelmann attestieren der Partei, nach der von Streits geprägten Ampel-Zeit zu still und zu vorsichtig geworden zu sein – vor allem mit Blick auf Kernthemen wie Klima. Das Papier soll der Auftakt einer Strategiedebatte sein. Der Fraktionsvorstand soll Anfang der Woche darüber debattieren.
Neben politischen Fehlern kritisieren die Autorinnen auch die Kommunikation der Partei. Mit Blick auf die Ukraine, heißt es, habe man zu sehr über einzelne Waffensysteme diskutiert, statt klarzumachen, „dass es der unbedingte Wille zu Frieden und mehr Sicherheit auf dem Europäischen Kontinent ist, der uns leitet“. Auch das hochumstrittene Heizungsgesetz hätte man „anders vorbereiten, anders diskutieren müssen – auch öffentlich“.
Eine kleine Retourkutsche erlauben sich Dröge und Haßelmann auch. Zielperson: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Der hatte im Wahlkampf besonders gegen die Grünen polemisiert. Nun werfen die Autorinnen ihm eine „Strategie der Angst und Demobilisierung“ vor. Männer wie Söder hätten „keinen Bock auf Frauen, die die gleich Macht beanspruchen wie sie“. Künftig solle man wieder entschiedener gegenhalten. „Unser Ziel ist es, dass es 2029 eine progressive Mehrheit gibt.“ MMÄ