Zugriff vor Gericht: Beamte der Einwanderungsbehörde ICE greifen bei ihrer Fahndung nach illegalen Migranten auch zunehmend in Gerichtssälen zu. © SMITH/epa
Washington – „Wahlen haben Konsequenzen. Gewöhnt euch daran!“ Diese Aussage stammt vom früheren US-Präsidenten und der Demokraten-Ikone Barack Obama – und fiel, als sich Republikaner über die nicht vorhandene Überparteilichkeit Obamas beschwerten. Nun spüren die Demokraten ihrerseits, was es bedeutet, die letzten Wahlen klar verloren zu haben. Am Freitag gab der Supreme Court in Washington, also der Oberste Gerichtshof, grünes Licht für weite Teile der innenpolitischen Agenda Trumps. Es dürfte das wohl wichtigste Urteil für seine zweite Amtszeit gewesen sein mit der wegweisenden Entscheidung: Es ist verfassungswidrig, wenn Bezirksrichter anordnen, dass ihr Urteil landesweit Geltung haben soll.
Die Entscheidung im Supreme Court fiel mit 6 zu 3 Stimmen, wobei die drei von Demokraten-Präsidenten in das Gremium berufenen Richterinnen erwartungsgemäß die Mehrheitsmeinung der Konservativen nicht teilten.
Mit dem Urteil wurde der wichtigste Bestandteil der Widerstandsbewegung torpediert, die die Demokraten nach dem Amtsantritt Trumps gebildet hatten. Das Prinzip lautete: Jede Anordnung des Präsidenten juristisch vor einem Bezirksgericht anfechten – und dabei das Gericht nach dem bekannten Sympathiegrad für die Partei auswählen. Salopp wird dies in den USA als „Richter-Shopping“ bezeichnet, da es in den Vereinigten Staaten keine wirklich politisch unabhängige Rechtsprechung gibt. Diese Strategie hatte bis Freitag für die Demokraten Erfolg, weil hunderte der Partei nahestehende Richter als Erfüllungsgehilfen der Opposition agierten und Trump-Initiativen auch über ihren Zuständigkeitsbereich hinaus blockierten.
Kein Präsident in der amerikanischen Geschichte musste sich deshalb so vieler landesweiten und damit verfassungswidrigen Verfügungen von Bezirksrichtern stellen wie Trump. Doch damit ist nun Schluss. Will die Opposition für die ganzen USA geltende Urteile erreichen, muss dies künftig auf anderem Weg geschehen, beispielsweise durch sogenannte „Class-action“-Sammelklagen, an denen sich Bürger aus allen Staaten beteiligen können. Damit hat Trump weitgehend freie Hand, was seine Migrationspolitik, die politisch umstrittenen Massenabschiebungen oder seine Maßnahmen gegen Transgender angeht. So ist es Trump nun möglich, Transsexuelle aus dem Militärdienst zu entfernen. Bereits letzte Woche hatte der Supreme Court in einer Korrektur eines Bezirksrichter-Urteils verfügt: Der Präsident darf durchaus Migranten in Länder abschieben, die nicht deren Heimatländer sind.
Noch offen ließ der Oberste Gerichtshof die Frage, ob eine brisante Verfügung Trumps verfassungskonform ist. Der Präsident hatte kürzlich angeordnet, dass in den USA geborene Kinder von Migranten und Touristen nicht mehr automatisch die US-Staatsbürgerschaft erhalten. Dagegen hatten neben Betroffenen auch zwei Dutzend migrationsfreundliche und von Demokraten geführte Bundesstaaten geklagt. Die US-Regierung zeigte sich am Wochenende zuversichtlich, dass der Supreme Court auch in dieser Frage in der nächsten Sitzungsperiode im Oktober für Trump entscheiden wird. Der Präsident will mit seiner Exekutivanordnung vor allem den sogenannten Geburts-Tourismus in die USA unterbinden.