KOMMENTARE

Merkel kann‘s nicht lassen

von Redaktion

Sie fällt erneut Merz in den Rücken

Es ist gute Übung unter ehemaligen Kanzlern, ihren Nachfolgern nicht allzu viele öffentliche Belehrungen zuteilwerden zu lassen und ihnen so das Regierungsgeschäft zu erschweren. Im Gegensatz zu Olaf Scholz mag sich Angela Merkel damit nicht abfinden. Fast im Zwei-Wochen-Takt meldet sich die Altkanzlerin aus dem verdienten Ruhestand zu Wort. Jetzt also auch zur Asylpolitik. Man dürfe nicht immer nur über die AfD sprechen und deren Tagesordnung aufnehmen, lässt Merkel ihren Nachfolger Friedrich Merz just bei einem Treffen mit Flüchtlingen wissen – ein Vorwurf, den die Grünen kaum giftiger hätten formulieren können. Auch an Alexander Dobrindts Zurückweisungen an der Grenze lässt die 70-Jährige kein gutes Haar und macht sich damit zur Kronzeugin der linken Opposition. Als ob Merz und seine Union mit der unruhigen SPD nicht schon Ärger genug am Hals hätten.

Nun hatte Merkel viel Zeit, die Dinge in ihrer Kanzlerschaft selbst in Ordnung zu bringen. Sie hat es leider nicht getan. Weder ordnete sie das 2015 ausgebrochene Chaos an den Grenzen, noch half sie den verzweifelten Bürgermeistern beim Versuch, die Wir-schaffen-das-Direktive aus dem Kanzleramt umzusetzen. Bis in der Bevölkerung die Stimmung kochte. Jetzt müssen ihre Nachfolger die Drecksarbeit erledigen, die Merkel nicht mit ihren hohen moralischen Ansprüchen vereinbaren zu können glaubte, für die sie sich weltweit feiern ließ.

736 Seiten einer sturzlangweiligen Biografie haben der Pensionärin aus der Uckermark nicht gereicht, um ihrer Rechthaberei ein Denkmal zu setzen. Dabei hätte die Ex-Kanzlerin viel Grund, etwas bescheidener aufzutreten. Unter ihrer Ägide zog sich Deutschland leichtfertig und überhastet aus der Atomkraft zurück und beschritt den Weg in die Deindustrialisierung. Die Bundeswehr wurde abgewrackt, die unselige Ostseepipeline gebaut und Putin selbst dann noch hofiert, als er die Krim überfiel. Kein Regierungschef vor ihr hat den Nachfolgern einen solchen Scherbenhaufen hinterlassen. Den müssen ihre Nachfolger nun zusammenkehren. Sie sollte zumindest den Anstand aufbringen, ihnen dabei nicht noch ständig in den Arm zu fallen. Doch leider erweist sich ihr brennender Wunsch, es dem Langzeitrivalen Friedrich Merz noch einmal richtig heimzuzahlen, als stärker.

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