Berlin – Inhaltlich kommt die Äußerung nicht überraschend, trotzdem sorgt sie für Wirbel: Angela Merkel hat sich von der Praxis des unionsgeführten Innenministeriums distanziert, bei Grenzkontrollen Asylsuchende zurückweisen zu lassen. „Wenn jemand hier an der deutschen Grenze sagt ,Asyl‘, dann muss er erst mal ein Verfahren bekommen. Meinetwegen direkt an der Grenze, aber ein Verfahren“, sagte die Altkanzlerin bei einem Treffen mit ehemaligen Flüchtlingen. „So habe ich das europäische Recht verstanden.“ Merkel warnte davor, sich in der Migrationspolitik von der AfD treiben zu lassen. „Ich kann nicht immer nur über die AfD sprechen und deren Tagesordnung aufnehmen.“
Das Treffen wurde vom WDR organisiert und gefilmt. Aus der Sendung „10 Jahre danach: Geflüchtete im Gespräch mit Angela Merkel“ zeigte das ARD-„Morgenmagazin“ bereits Ausschnitte. Die Altkanzlerin machte zugleich deutlich, dass Ablehnungen von Asylgesuchen und Abschiebungen auch durchgesetzt werden müssten.
Ähnlich wie Merkel hatte auch das Verwaltungsgericht Berlin geurteilt, das in einem konkreten Fall dreier aus Polen eingereister Somalier deren Zurückweisung bei einer Kontrolle am ersten Bahnhof hinter der Grenze für rechtswidrig erklärt hat. Das Innenministerium von Alexander Dobrindt (CSU) wertet das jedoch als Einzelfallentscheidung und hält an der Praxis fest.
Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) bekräftigte dagegen die Auffassung der Regierung. „Wenn jemand irgendwo in Europa bereits Asyl bekommen hat, wenn jemand durch sichere Länder in Europa zu uns gekommen ist, dann haben wir es natürlich mit niemandem zu tun, der auf der Flucht ist, sondern dann haben wir es mit Menschen zu tun, die aus sicheren Ländern kommen.“