KOMMENTARE

Taumelnder Klingbeil schwächt Merz

von Redaktion

Heute Koalitionsausschuss

Auch das muss man erst mal schaffen: Nach nur acht Wochen im Amt steckt Schwarz-Rot schon mitten im ersten Koalitionskrach – wegen einer Senkung der Stromsteuer, die für Familien gerade mal 80 Euro (im Jahr!) ausmacht. Wegen eines Nebenthemas ist das neue Regierungsbündnis schon in den Flitterwochen ein Fall für den Paartherapeuten.

Man darf hoffen, dass die Parteichefs Merz, Söder, Klingbeil und Bas im heutigen Koalitionsausschuss ihre erste Minikrise beilegen können und auch Handwerker, Dienstleister und Privatverbraucher in den Genuss der im Koalitionsvertrag versprochenen Entlastung kommen. Alles andere wäre besonders für CDU und CSU saublöd; an ihnen klebt wegen des Aussetzens der Schuldenbremse schon jetzt wie eine Klette der Vorwurf des Wortbruchs. Doch es beunruhigt, wie lustvoll sich die Koalitionäre schon wieder aneinander abarbeiten: Kaum beschlossen, stellt die SPD bereits wieder die Mütterrente infrage, ein Lieblingsprojekt der CSU. Und die Union zürnt, dass Arbeitsministerin Bärbel Bas nicht beim Bürgergeld spart, um die fehlenden Milliarden aufzutreiben. Dahinter erkennbar wird in ersten Konturen ein Führungsproblem: Der CDU-Kanzler suchte den Erfolg bisher vorrangig in der Außenpolitik, während seinem Koalitions-Mitarchitekten Lars Klingbeil nach dem für ihn verheerend verlaufenen Parteitag die Autorität fehlt, seine Genossen auf Mitte-Kurs zu bringen. Um ihn zu stützen, wird Merz ihm entgegenkommen müssen.

Er wolle, hatte Klingbeil vor der Wahl gesagt, die SPD wieder von der Bürgergeldbezieherpartei in die Arbeiterpartei zurückverwandeln, die sie mal war. Wie wenig seine Genossen von diesem Plan halten, haben sie ihm am Wochenende zu verstehen gegeben: Klingbeil wurde mit einem deprimierenden Wahlergebnis von 65 Prozent abgewatscht. Gefeiert wurde dafür seine Co-Chefin Bärbel Bas nach einer betont klassenkämpferischen Rede. Die Parteilinke Bas ist jetzt die heimliche Vorsitzende einer taumelnden SPD, die nicht darüber nachdenken mag, wie sie ihre verlorenen Wähler zurückgewinnt, sondern diesen lieber gesetzlich verbieten will, ihr Kreuz bei der Konkurrenz von der AfD zu machen. Für die Arbeit der Regierungskoalition sind das keine guten Vorzeichen.GEORG.ANASTASIADIS@OVB.NET

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