Der Dom zu Köln: Ein Urteil sorgt für Wirbel. © dpa
Köln – Das Landgericht Köln hat die Schmerzensgeldklage einer Missbrauchsbetroffenen gegen das Erzbistum Köln abgewiesen. Die Klägerin hatte über 800 000 Euro verlangt, weil sie als Mädchen über Jahre von einem Priester missbraucht worden war, der sie als Pflegevater bei sich aufgenommen hatte. Eine Amtshaftung des Erzbistums kommt laut dem gestern verkündeten Urteil nicht infrage. Der Priester habe die Taten nicht im Rahmen seines Amtes, sondern als Privatmann begangen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und eine Berufung beim Oberlandesgericht Köln dagegen möglich.
In dem Fall besteht laut der Kammer die Besonderheit, dass die Klägerin dem ehemaligen Priester als Pflegekind anvertraut gewesen sei. Die Sorge für ein Pflegekind sei dabei durch einen staatlichen Akt begründet worden. Ein Zusammenhang zur kirchlichen Tätigkeit scheide bereits deshalb aus. Dabei komme es auch nicht darauf an, ob Dienstvorgesetzte oder möglicherweise der Täter selbst die Betreuung des Pflegekindes als Teil der Ausübung des Priesteramtes angesehen haben.
Auch eine Haftung wegen unterlassener Sorgfalts- und Fürsorgepflichten schloss das Gericht aus. Denn die Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen als auch die Anhörung der Klägerin persönlich habe nicht ergeben, dass Vertreter oder andere Bedienstete des Erzbistums Köln Anhaltspunkte dafür gehabt hätten, dass die Klägerin sexuell missbraucht wurde.
Vor wenigen Tagen wurde Kardinal Rainer Maria Woelki als Leiter des Erzbistums in dem Fall wegen versuchten Prozessbetrugs angezeigt. Die Anwälte der Betroffenen werfen dem Erzbistum vor, dem Gericht wichtige Dokumente vorenthalten zu haben. Die Staatsanwaltschaft prüft derzeit, ob ein Anfangsverdacht besteht. Die Erzdiözese hat die Vorwürfe als haltlos zurückgewiesen.
Matthias Katsch von der Betroffenen-Initiative „Eckiger Tisch“ zeigte sich von der Gerichtsentscheidung „entsetzt“. „Dieses Urteil ist ein Schlag für alle Betroffenen, die ihre Hoffnungen in den Rechtsstaat gesetzt haben“, sagte er. Es zeuge von völliger Unkenntnis davon, wie umfassend die katholische Kirche das Priesteramt verstehe – oder aber von „Voreingenommenheit für diese alte, ehrwürdige Institution hier in Köln“. Er sei „ziemlich sauer über die Kaltschnäuzigkeit in der Begründung“.
Nach Auffassung des Landgerichts Köln wird eine kirchliche Tätigkeit auch nicht dadurch begründet, dass das beklagte Erzbistum zu der Aufnahme eines Pflegekindes durch den Priester seine Zustimmung erteilt hat. Nicht jede Tätigkeit eines kirchlichen Amtsträgers stelle zugleich die Ausübung eines öffentlichen Amtes im Sinne der Haftungsnorm dar, auch wenn dies in Widerspruch zum theologischen Verständnis von einem Priesteramt steht.KNA/DPA