Das Timing scheint ideal: Während Europa unter Hitze und Dürre leidet, unternimmt die EU-Kommission einen weiteren Vorstoß in der Klimapolitik. In den nächsten 15 Jahren sollen die EU-Länder den Treibhausgasausstoß im Vergleich zu 1990 um 90 Prozent senken. Nötig wäre dieser Zwischenschritt nicht unbedingt, schließlich steht längst fest, dass die EU bis 2050 klimaneutral werden soll. Doch Ursula von der Leyen (CDU), die nur dank Sozialdemokraten und Grünen als Kommissionspräsidentin bestätigt wurde, löst damit eine weitere Zusage ein. Dabei war schon der „Green Deal“ ihrer ersten Amtszeit mehr als ambitioniert.
In Brüssel diskutiert man nun emotional über kleinste Details der Regelung. Zum Beispiel ist umstritten, ob man sich drei Prozent CO₂-Einsparungen (von 90!) durch Gutschriften für Klima-Projekte in Drittstaaten anrechnen lassen kann. Das große Ganze gerät jedoch aus dem Blick.
Da wäre zunächst die politische Großwetterlage: Europa will beim Klimaschutz Vorreiter sein. Schön. Doch hilft das leider nichts, wenn keiner mehr folgen will! Die USA haben unter Donald Trump die Gegenbewegung eingeleitet. In Afrika, das besonders unter dem Klimawandel leidet, setzen die Staatschefs andere Prioritäten. Und von Russland bis China denkt man nationalistisch und machtpolitisch.
Für Europa dagegen birgt die neuerliche Klima-Debatte eine echte Gefahr, weil Populisten die Vorschriften für Unternehmen wie Bürger gnadenlos ausnutzen. Aus dem deutschen Heizungsgesetz oder dem Verbrennerverbot kann man lernen, wie leicht sich das Thema instrumentalisieren lässt. Für differenzierte Debatten bleibt da wenig Platz. Das freute in Deutschland die AfD und könnte in Tschechien im Herbst Andrej Babis an die Macht spülen, dessen Partei sich „Aktion unzufriedener Bürger“ nennt. 2027 folgen die Präsidentschaftswahl in Frankreich (mit dem starken Rassemblement National) und die Parlamentswahl in Polen, wo die PiS wieder Aufwind hat.
Kein Wunder, dass sich Emmanuel Macron und Donald Tusk querstellen. Sie erkennen die politische Sprengkraft. Gewinnen die Populisten, wird es schwierig für die EU – nicht nur beim Klima.