Russland setzt Chemiewaffen ein

von Redaktion

Den schwersten russischen Angriffen seit Kriegsbeginn war Kiew ausgesetzt. Hier ein Feuerwehrmann im Einsatz. Das Foto stammt vom ukrainischen Katastrophenschutz. © AFP

Kiew/Washington – Mit den schwersten nächtlichen Angriffen seit Kriegsbeginn im Februar 2022 hat Russland in der Nacht zum Freitag die ukrainische Hauptstadt Kiew überzogen. Bei den massiven Attacken mit Drohnen und Raketen hat sich die Zahl der Verletzten nach Angaben von Bürgermeister Vitali Klitschko auf 23 erhöht. 14 Menschen mussten im Krankenhaus behandelt werden, wie Klitschko mitteilte. Die ukrainischen Luftstreitkräfte meldeten seit Donnerstagabend 550 Angriffe mit Drohnen, Raketen und Marschflugkörpern im ganzen Land.

Die Ukraine wehrt sich seit mehr als drei Jahren gegen die russische Invasion und drängt die westlichen Verbündeten zu einer Stärkung der Flugabwehr. Erst am Dienstag war bekannt geworden, dass die USA die Lieferung einiger Waffen an die Ukraine gestoppt haben.

Kurz vor den jüngsten Angriffen auf Kiew hatte US-Präsident Donald Trump erneut mit Kremlchef Wladimir Putin telefoniert. Trump äußerte sich anschließend „nicht glücklich“: Es habe keinen Fortschritt gegeben. Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha wertete die neuerlichen Angriffe als klares Zeichen dafür, dass Moskau kein Interesse an Frieden habe. Es sei bezeichnend, dass die Angriffe direkt nach einem Telefonat zwischen Trump und Putin erfolgt seien. „Gleich nachdem Putin mit Präsident Trump gesprochen hat“, schrieb Sybiha in Onlinemedien. „Und er tut es mit Absicht. (…) Putin zeigt deutlich seine völlige Missachtung der USA und aller, die ein Ende des Krieges fordern.“

Russland verstärkt nach Erkenntnissen des Bundesnachrichtendienstes und von zwei niederländischen Geheimdiensten den Einsatz von Chemiewaffen. „Der Einsatz von Tränengasen sowie Chlorpikrin durch russische Truppen ist nun zur Standardpraxis geworden und weit verbreitet“, teilte der deutsche Auslandsgeheimdienst mit. Chlorpikrin, auch Trichlornitromethan genannt, ist ein Kampfstoff aus der Gruppe der Lungenkampfstoffe. Es könne in hoher Konzentration in geschlossenen Räumen tödlich sein, hieß es. Die Verwendung von Chlorpikrin stelle einen ernsteren Verstoß gegen das Chemiewaffenübereinkommen dar, das den Einsatz dieses Lungenkampfstoffs unter allen Umständen untersage.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sieht einen Zusammenhang zwischen dem Telefonat von Putin mit Trump und den anschließenden massiven Luftangriffen auf die Ukraine. Der Kanzler habe in den vergangenen Tagen mehrfach gesagt, „dass es ein Muster gibt beim russischen Präsidenten, und Telefonate üblicherweise mit umso härteren Angriffen begleitet werden“, sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius in Berlin. „Das, was vergangene Nacht passiert ist, hat diesen Eindruck unterstützt oder bestärkt.“ Die Bundesregierung hofft nun auf ein Umdenken der USA.

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