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Die nette Alternative von nebenan

von Redaktion

AfD gibt sich Benimmregeln

Bemerkenswerter noch als der Erfolg der AfD ist ihre Wendigkeit: Im Wahlkampf setzte die Partei voll auf das Thema Remigration (ein verkapptes „Ausländer raus“) und versperrte sich einem Mäßigungskurs nach dem Vorbild anderer Populisten-Bewegungen in Europa. Für solch weichgespülte Radikale erfand man, abgeleitet von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, das Wort „Melonisierung“. Es war nicht positiv gemeint.

So gesehen hat sich bei der AfD-Fraktionsklausur am Wochenende eine kleine Revolution vollzogen. Die Ansage der Fraktionschefs, künftig gemäßigter aufzutreten, gab es zwar schon vorher – aber seit Samstag ist sie auch verbrieft. Die Abgeordneten wollen sich nun zumindest im Parlament (also dort, wo man sie sieht) an Benimmregeln halten; das Reizwort Remigration haben sie gleich ganz aus ihrem Positionspapier gestrichen.

Man darf nicht den Fehler machen, von der äußeren auf eine innere Mäßigung zu schließen. Das Anschmiegen geschieht aus anderen Gründen: Beim Blick auf die schon jetzt in Ansätzen kriselnde schwarz-rote Regierung meinen manche in der AfD, das mit einer Regierungsbeteiligung könnte unter Umständen ganz schnell gehen. Deshalb sollen Hürden abgebaut werden: zur Union und konservativen Wählern, die sich bisher nicht vom Inhalt, aber vom Stil der Partei abgestoßen fühlen.

Kann das aufgehen? Nicht ausgeschlossen. Wer das aber für einen Selbstläufer hält, ignoriert den Unmut, der sich im radikalen Teil der Partei zusammenbraut. Die Frage, wie man am ehesten reüssiert (durch Halten des Radikal-Kurses oder äußere Mäßigung), ist intern nämlich keineswegs geklärt, sondern gärt vor sich hin. Kürzlich erst stritten der AfD-Vordenker Götz Kubitschek und der einstige Rechtsaußen-Sonnyboy Maximilian Krah darüber. Dass ausgerechnet Letzterer dazu riet, zumindest kommunikativ vom Völkischen Abstand zu nehmen, gefiel dem Höcke-Vertrauten Kubitschek gar nicht.

Überdies darf man sich fragen, ob die Weidel-Truppe den seriösen Auftritt wirklich durchhält. Die Chefin selbst, die Hitler zu Jahresbeginn zum Kommunisten erklärte, fiel am Wochenende jedenfalls mit einem ziemlich verrutschten NS-Vergleich auf. Sie kann nicht aus ihrer Haut, viele ihrer Parteifreunde ebenso wenig. MARCUS.MAECKLER@OVB.NET

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