Polnische Polizistinnen stehen am deutsch-polnischen Grenzübergang Stadtbrücke zwischen Frankfurt (Oder) in Brandenburg und dem polnischen Slubice. © Patrick Pleul/dpa
Frankfurt (Oder) – Wer von Polen nach Deutschland einreist, muss sich schon seit Oktober 2023 auf deutsche Grenzkontrollen einstellen. Die Bundesregierung will damit irreguläre Migration eindämmen. Die Folge sind oft lange Staus auf polnischer Seite. Jetzt reagiert Polen. Von heute an sollen zunächst bis 5. August auch Reisende, Pendler und Laster in der Gegenrichtung kontrolliert werden. Es ist eine weitreichende Entscheidung mit nicht ganz absehbaren Folgen.
Die Menschen müssen sich auf Wartezeiten vor der polnischen Grenze einstellen. Die Kontrollen sollen stichprobenartig vor allem Busse, Kleinbusse und Pkw mit vielen Insassen betreffen, wie Konrad Szwed vom polnischen Grenzschutz sagte. „Auch Fahrzeuge mit getönten Scheiben werden im Fokus stehen.“ Es werde keine Schlagbäume oder Absperrungen geben. Allerdings würden vor den Kontrollpunkten die Fahrbahnen verengt oder Schilder zur Verlangsamung des Verkehrs aufgestellt.
An den Einreiseregeln selbst ändert sich aber nichts. Für das Reisen reicht der Personalausweis, einen Pass braucht man nicht. Vor allem für Pendler seien die deutschen Kontrollen schon länger eine Belastung – und nun kämen auch noch die auf polnischer Seite dazu, klagt Sachsens Wirtschaftsminister Dirk Panter (SPD). „Lange Wartezeiten, Planungsunsicherheit und gestörter Warenverkehr schaden allen Beteiligten.“ Der Sprecher von Polens Grenzschutz sagte dazu, die Beamten würden sich bemühen, Berufspendler aus den grenznahen Gebieten ohne große Verzögerungen durchzulassen.
Allein nach Sachsen pendeln täglich 13 000 Menschen aus Polen. In Brandenburg sind es täglich mehr als 14 000. Im Grenzgebiet fahren zudem viele Menschen aus Deutschland zum Tanken oder Einkaufen nach Polen, wo günstige Preise locken. Mit beidseitigen Kontrollen befürchtet Brandenburgs Innenminister René Wilke „mögliche Verkehrskollapse“. Hunderttausende seien betroffen.
Deutschland begann mit den Kontrollen 2023, um Migranten ohne die nötigen Papiere die Einreise zu verwehren. Mit Start der neuen Bundesregierung Anfang Mai wurden die Regeln verschärft: Abgewiesen werden können nun – anders als zuvor – auch Menschen, die ein Asylbegehren äußern. Die vorläufige Bilanz der Bundespolizei: Seit 8. Mai wurden an allen deutschen Landesgrenzen 7960 unerlaubte Einreisen registriert und 6193 Menschen unmittelbar zurückgewiesen oder zurückgeschoben (Stand 1. Juli). Darunter waren 285 Menschen, die ein Asylbegehren geäußert hatten. Allein an der deutsch-polnischen Grenze gab es laut Innenministerium rund 1300 Zurückweisungen, in jedem zehnten Fall wurde ein Asylgesuch geäußert.
Wann sich die Lage normalisiert, ist nicht abzusehen. Es hängt davon ab, wie sich die Regeln des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) in der Praxis bewähren. Die Reform sieht vor, dass Schutzsuchende künftig an den EU-Außengrenzen registriert werden nklusive Identitätsfeststellung und biometrischer Daten. Für Menschen aus Staaten mit niedriger Anerkennungsquote soll es beschleunigte Asylverfahren an den Außengrenzen geben.