Im heftig entbrannten Kulturkampf um Wahl einer umstrittenen Richterin an das Bundesverfassungsgericht hat SPD-Generalsekretär Matthias Miersch einen neuen Tiefpunkt gesetzt: Katholischen Bischöfen, die öffentlich an der Eignung der Juristin zweifeln, wirft er „Hetze“ und „unchristliches Verhalten“ vor. Das würde der SPD so passen, nach dem Koalitionspartner nun auch noch der Kirche das Wort zu verbieten. Noch dazu bei deren ureigenem Thema, nämlich der Würde ungeborener Kinder.
Das missglückte Zeitungsinterview des SPD-Generals zeigt, wie sehr sich die Partei – und mit ihr die vereinigte deutsche Linke – verrannt hat. Wäre sie klüger gewesen, hätte sie Frauke Brosius-Gersdorf nie für ein Amt vorgeschlagen, in dem es mehr als alles andere auf Maß und Mitte ankommt. Stattdessen setzt sie einem konservativer gewordenen Zeitgeist eine linksaktivistische Juristin entgegen. Aus Trotz? Aus Wut darüber, dass die Deutschen mit Friedrich Merz zum ersten Mal seit 1998 wieder einen Konservativen zum Kanzler gewählt haben? Mit Angela Merkel, die ebenso für die Grünen oder die SPD hätte antreten können, konnten sich viele noch anfreunden. Mit Merz aber ist die Schmerzgrenze überschritten.
Deswegen stilisieren SPD, Grüne und Linkspartei die geplatzte Richterinnen-Wahl nun zum finsteren Werk rechter Frauenfeinde in der Union, die das Rad der Geschichte zurückdrehen wollen. Welch blühender Unsinn! Die gewählten Abgeordneten haben sich nur das demokratische Recht herausgenommen, eine Juristin abzulehnen, die sie für ungeeignet halten – so wie es früher auch die Grünen im Falle eines Unions-Richtervorschlags getan haben, woraufhin CDU und CSU sogleich einlenkten. Damals hat das von der SPD gestellte Staatsoberhaupt übrigens nicht gewehklagt, dass die Koalition „beschädigt“ sei. Es ist unerhört, wie vehement sich der Bundespräsident in die schrille Debatte eingeschaltet hat, statt das zu tun, was sein Amt von ihm verlangt: Maß zu halten und die erhitzten Gemüter zu beruhigen. Was Deutschland nicht braucht, ist ein Oberhaupt, das noch Öl ins Feuer gießt und der Ungeschicklichkeit des Unions-Fraktionschefs Jens Spahn die nächste Torheit hinzufügt. Die SPD-Chefs, Steinmeier, Spahn, Merz, sie alle haben in den letzten Tagen keine gute Figur abgegeben.
Wie gereizt die Stimmung im Ergebnis nun auch in den Reihen von CDU und CSU ist, hat CSU-Chef Markus Söder mit seiner Forderung verdeutlicht, die Linken dürften nicht bestimmen, was die Union macht. Das war auf die Erwartung von CDU-Chef Friedrich Merz gemünzt, die Linkspartei werde Brosius-Gersdorf im Bundestag trotz der Bedenken von Unionsabgeordneten schon zur nötigen Zweidrittelmehrheit verhelfen. Der Kanzler muss daraus lernen. Sein Kreditlimit bei den eigenen Leuten ist ausgeschöpft.GEORG.ANASTASIADIS@OVB.NET