Plötzlich reicht er der Nato die Hand: Donald Trump, hier mit Nato-Generalsekretär Mark Rutte am Montag im Oval Office. Das Bündnis hält er nicht mehr für „obsolet“. © Vucci/dpa
Moskau – Russland hat die von Donald Trump angekündigten Waffenlieferungen für die Ukraine und angedrohten Sanktionen als schädlich für die Friedensbemühungen zurückgewiesen. Solche Entscheidungen nehme die ukrainische Seite als Zeichen für eine Fortsetzung des Krieges wahr, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Moskau hatte den Krieg unter dem Vorwand begonnen, die eigene Sicherheit und die der russischen Minderheit im Osten der Ukraine zu schützen. Kritik kam auch aus dem Außenministerium. Die Waffenlieferungen zeugten davon, dass die Nato den Krieg fortsetzen wolle, sagte Vizeminister Alexander Gruschko.
Zuvor hatten ranghohe Politiker in Russland schon mit Häme auf Trumps Ankündigungen reagiert. Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew bezeichnete Trumps Äußerungen als „theatralisches Ultimatum an den Kreml“. Die Welt habe wegen der befürchteten Folgen gezittert, die streitsüchtigen Europäer seien enttäuscht, „Russland war es egal“, schrieb der als Vizechef des nationalen Sicherheitsrats in Moskau nach wie vor einflussreiche Politiker auf X.
Trump hatte am Montag nach sechsmonatigen Vermittlungsbemühungen neue Töne gegenüber Russland angeschlagen. „Ich bin enttäuscht von ihm. Ich habe noch nicht mit ihm abgeschlossen, aber ich bin enttäuscht von ihm“, sagte Trump der BBC über Wladimir Putin. Er kündigte neue Waffenlieferungen für die Ukraine an, die die europäischen Nato-Länder bezahlen sollen. Darüber hinaus drohte er mit Strafzöllen gegen Russlands Handelspartner, sollte in 50 Tagen noch keine Einigung für ein Kriegsende erzielt sein. In dem BBC-Interview sprach Trump auch über die Nato, die er einst als „obsolet“ bezeichnet hatte. Das Gegenteil sei nun der Fall, sagte der US-Präsident, da das Bündnis „seine eigenen Rechnungen“ bezahle.
Laut einem Bericht der „Financial Times“ soll Trump die Ukraine sogar zu Angriffen tief im russischen Hinterland ermutigt haben. Bei einem Telefonat mit dem Präsidenten Wolodymyr Selenskyj habe er gefragt, ob Kiew Russlands Hauptstadt Moskau oder die zweitgrößte Stadt des Landes, St. Petersburg, treffen könne, falls die USA Langstreckenwaffen lieferten, hieß es unter Berufung auf zwei mit dem Gespräch vertraute Personen. Bestätigung dafür gab es keine. Selenskyj selbst bedankte sich aber öffentlich bei Trump, von dem er im Februar im Weißen Haus vorgeführt worden war: „Ich bin Präsident Trump für seine Bereitschaft dankbar, den Schutz der Leben unserer Bürger zu unterstützen.“
Trotz allem: Der prominente Moskauer Politologe Fjodor Lukjanow sieht bei Trump ein Zögern, „sich mit voller Wucht in eine Konfrontation mit Russland zu stürzen“. Daher wiederhole er ständig, dass dies nicht sein Krieg sei, sondern der von Amtsvorgänger Joe Biden. „Aus Trumps Sicht ist das, was angekündigt wurde, ein sehr moderater, kompromissbereiter Ansatz“, sagte der Chefredakteur des Politmagazins „Russland in der globalen Politik“. Erfolgschancen sieht Lukjanow kaum: „Russland wird diesen Schritt von Trump kaum als Einladung zu Gesprächen verstehen. Das ist Druck, und die russische Führung arbeitet nicht unter Druck“, sagte er. „Das eigentliche Gespräch geht an den Fronten weiter.“