Israel bombardiert Damaskus

von Redaktion

Heftiger Schlag: In der Innenstadt von Damaskus wurden gestern binnen Minuten mehrere Gebäude zerstört – wie diese Videosequenzen zeigen.

Damaskus/Tel Aviv – Inmitten der sich verschärfenden Gewalt in Syrien hat das Nachbarland Israel das Zentrum von Damaskus bombardiert. Die israelische Armee griff dort nach eigenen Angaben das militärische Hauptquartier an und erklärte, man beobachte das Vorgehen der syrischen Regierung gegen die Drusen im Süden genau. Menschenrechtsaktivisten berichteten von zwei israelischen Luftangriffen auf das hoch gesicherte Generalstabsgebäude in Damaskus. Zwei Menschen seien verletzt worden.

Der Angriff folgt auf tagelange Gewalt im südlichen Syrien. Dort waren Kämpfe zwischen Drusen und sunnitischen Beduinen in der Provinz Suwaida ausgebrochen, woraufhin die syrische Regierung Truppen und andere Sicherheitskräfte schickte. Israel griff nach eigenen Angaben zum Schutz der drusischen Minderheit ein. Nach Ausbruch der Gewalt wurden laut Menschenrechtsaktivisten seit Sonntag mehr als 250 Menschen getötet, darunter rund 20 Menschen, die „hingerichtet“ worden seien.

Die Opferzahlen lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Die Angaben der Beobachtungsstelle mit Sitz in London, die den Konflikt in Syrien mithilfe von Aktivisten verfolgt, gelten aber als in der Regel verlässlich. Auch drusische Kreise sprachen von insgesamt 250 Toten. Aus syrischen Armeekreisen hieß es, dass rund 150 Truppenangehörige und andere Sicherheitskräfte der Regierung getötet worden seien.

Nach eigenen Angaben will Israel mit den Angriffen auf Truppen der syrischen Regierung die Drusen schützen. Israel fühlt sich ihrem Schutz verpflichtet, nicht nur, weil viele Drusen im israelischen Militär dienen. Sie sind eine religiöse Minderheit, die aus dem schiitischen Islam hervorging. Sie leben mehrheitlich in Syrien, aber auch in Israel, dem Libanon und Jordanien. Die syrische Provinz Suwaida im Süden ist ihre Hochburg.

Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz teilte mit: „Das syrische Regime muss die Drusen in Suwaida in Ruhe lassen und seine Truppen abziehen.“ Das Militär werde seine Angriffe auf die syrischen Truppen noch verstärken, „wenn die Botschaft nicht ankommt“. Der Luftangriff im Zentrum von Damaskus wirkte dabei wie eine weitere Warnung. Israel will auch eine Eskalation an der eigenen Grenze und auf den Golanhöhen verhindern, die Israel besetzt und annektiert hat.

Israels Regierung will Beobachtern zufolge die Drusen in Südsyrien auch stärken, damit sich in der Gegend nahe der Grenze zu Israel keine vom Iran unterstützten Milizen oder islamistischen Gruppen ansiedeln, die gegen Israel vorgehen wollen. Israel sieht in den Drusen auch einen potenziellen Verbündeten gegen diese Gruppierungen.

Viele syrische Drusen lehnen ein Eingreifen Israels aber ab und befürchten die Einmischung von außen. In Suwaida verteidigen drusische Milizen die örtliche Gemeinde und haben sich gegen den staatlichen Einfluss aus Damaskus bisher gewehrt. Sie haben sich eigentlich offen gezeigt für eine Annäherung ihrer Länder, die sich seit Gründung Israels im Jahr 1948 offiziell im Kriegszustand befinden. Durch den Sturz von Machthaber Baschar al-Assad, der mit Israels Erzfeind Iran verbündet war, schienen solche Schritte zumindest möglich. Auch die USA sehen Syrien als wichtiges Land im Versuch, Israel in der Nahost-Region zu integrieren und den Druck auf den Iran zu erhöhen.

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