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Wer vorsorgt, darf nicht der Dumme sein

von Redaktion

Renten-Vorschlag des DIW

Manchmal scheint der Elfenbeinturm der Wissenschaft besonders hoch und weit entfernt von der Realität. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung schlägt einen „Boomer-Soli“ vor, eine Sonderabgabe auf sämtliche Alterseinkünfte. Was als Akt sozialen Ausgleichs von „reichen Rentnern“ daher kommt, begänne ab einer Freigrenze von schlappen 1000 Euro im Monat und käme zur jährlich steigenden Besteuerung von Renten und zur Abgeltungssteuer von 25 Prozent auf Kapitaleinkünfte obendrauf.

Man stelle sich den Aufschrei vor! Jede Regierung, die das einführt, könnte ihrerseits für den Ruhestand nach der nächsten Wahl planen.

In kaum einem Bereich ist Verlässlichkeit und langfristige Planung so wichtig wie in der Rentenpolitik. Schon 35- und 40-Jährige überlegen sich, wie viel sie fürs Alter sparen und vorsorgen: in berufsständischen Modellen, in Lebensversicherungen, in Immobilien, in ETF-Sparplänen. Statt hier zusätzlich abzugreifen, sollte der Staat solche Modelle fördern, so wie er es einst bei der misslungenen Riester-Rente mal geplant hatte. Zur Erinnerung: Wer heute 65 ist, war damals mit 43 Jahren im besten Vorsorgealter.

Doch man muss die DIW-Forscher auch in Schutz nehmen: Sie können nur auf Basis des Ist-Zustands ihre Überlegungen anstellen. Dass mit dem Renteneintritt der Boomer das System an Grenzen stößt, war seit vier Jahrzehnten auf jedem Altersdiagramm abzulesen. Die Politik hat davor seit Gerhard Schröders Agenda die Augen verschlossen, Angela Merkel und Olaf Scholz wollten bei der Rente nicht weiter denken als bis zum nächsten Wahltag. Statt qualifizierte Zuwanderung von Facharbeitern zu organisieren, die die Sozialsysteme mittragen, gab es zu viel Zuwanderung in die Sozialsysteme. Die Idee eines staatlich geförderten Altersvorsorgedepots verschwand mit der FDP im Nirvana. Und auch die Merz-Regierung gründet lieber wieder einen Arbeitskreis.

Klar: Die Lösung der Generationen-Ungerechtigkeit wird nicht einfach, es könnte sogar richtig unangenehm werden – bei Fragen wie Frühverrentung und gesetzlichem Rentenalter. Aber es muss gerecht bleiben. Wer lange (in Vollzeit) in die Rentenkasse einzahlt, muss mehr bekommen. Und wer gerade angesichts der wachsenden Rentenlücke privat vorsorgt, darf nicht der Dumme sein. MIKE.SCHIER@OVB.NET

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