KOMMENTAR

Im Netz ist jeder zum Abschuss freigegeben

von Redaktion

Kiss-Cam-Affäre um Firmenchef

Ein verheirateter Mann wird in der Öffentlichkeit beim Seitensprung ertappt. Der Mann ist CEO einer eher unbekannten Tech-Firma. Seine Affäre ist eine Untergebene, die Personalmanagerin seiner Firma. So weit, so schmutzig. Und für die Ehefrau, die Familie und wohl auch für die Firma ein Drama.

Ein Drama, das sich die Nutzer von TikTok und Co. mit verschiedenen Motiven zu eigen machen. Mitgefühl mit der Ehefrau, Empörung über den schamlosen Betrug. Aber vor allem Schadenfreude. Das Video, das Andy Byron zeigt, wie er sich hinter einer Brüstung versteckt, wurde zigtausend Mal geteilt. Und ein Mensch, der einen schweren, aber auch zutiefst privaten Fehler gemacht hat, zum Abschuss freigegeben. Geschieht ihm recht, könnte man sagen. Man könnte sich aber auch fragen, wie verhältnismäßig eine Hetzjagd auf eine Privatperson im Internet ist.

Andy Byron ist ein Firmenchef. Das macht ihn nicht zu einer öffentlichen Person. Das Internet hat ihn, seine Familie und auch seine Affäre dazu erklärt. Weltweit. Selbst als stiller Beobachter darf man sich nicht täuschen: Das könnte – wenn auch kaum in diesem Ausmaß – jedem passieren. Im Netz ist jeder zum Abschuss freigegeben. Die Community wird sich in wenigen Tagen auf den nächsten Skandal stürzen. Byron und sein Umfeld aber werden dauerhaft mit den Folgen der „Kiss Cam“ leben müssen.

Artikel 6 von 11